Kinderbetreuung

Mehr Zeit für das einzelne Kind

Ein Krippenkind beim Mittagessen in einer Kita (Symbolbild: © dpa).

Baden-Württemberg hat sich zum Vorreiter bei der Qualität in den Kindertageseinrichtungen entwickelt. Mit einem Personalschlüssel von 1 zu 2,9 in Gruppen mit Kindern von unter drei Jahren hat Baden-Württemberg bundesweit das mit Abstand beste Betreuungsverhältnis. Zudem gehört Baden-Württemberg mit einer durchschnittlichen Anzahl von neun Kindern zu den Ländern mit den kleinsten Gruppengrößen in dieser Altersgruppe.

Diese Angaben finden sich in einer Bilanz zum Stand des Ausbaus der Kindertagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren, welche die Bundesregierung heute veröffentlicht hat. Der den Ländern vorliegende Bericht zum Kinderförderungsgesetz (KiföG) bewertet erstmalig die Betreuungssituation nach Inkrafttreten des Rechtsanspruchs am 1. August 2013. Zur gelingenden Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege tragen der Bund mit den Investitionsprogrammen, die Länder und die Kommunen bei.

„Die baden-württembergische Landesregierung hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit den Kommunen und Trägern den Ausbau der Kinderbetreuung erheblich vorangebracht, um die Bildungsgerechtigkeit im Land zu verbessern“, sagt Staatssekretärin Marion v. Wartenberg mit Blick auf die Situation im Land, und fügt hinzu: „Besonders erfreulich ist, dass die Eltern zufrieden sind mit der Qualität. Fast alle befragten Eltern gaben an, dass sich ihr Kind in der Kita oder bei der Tagespflegeperson wohlfühlt. Das ist vor allem ein riesen Kompliment an die vielen engagierten Erzieherinnen, Erzieher und Tagespflegepersonen. Ihnen gilt mein Dank für ihr großes Engagement.“

Überblick auf den Stand der Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg:

Ausbaustand – viel erreicht und noch viel vor

Zwischen 2008 und 2014 holte Baden-Württemberg enorm auf und konnte die Betreuungsquote mehr als verdoppeln: Im Jahr 2008 wurden 13,6 Prozent der Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege betreut, im Jahr 2014 waren es 27,8 Prozent. Den entscheidenden Schub leistete der Pakt für Familien, den die Landesregierung Ende 2011 mit den kommunalen Landesverbänden geschlossen hatte. Für die Jahre 2012 und 2013 vereinbarten beide Seiten ein dynamisches Modell der Finanzierung. Die Zuweisungen des Landes an die Kommunen sind demnach im Jahr 2012 von 129 Millionen Euro um 315 Millionen Euro auf 444 Millionen Euro und im Jahr 2013 von 152 Millionen Euro um 325 Millionen Euro auf 477 Millionen Euro erhöht worden. Ab 2014 haben Land und Kommunen eine Abrechnung nach tatsächlich betreuten Kindern basierend auf den Vorjahreszahlen vereinbart. Das Land trägt nun unter Einbeziehung der Bundesmittel 68 Prozent der Betriebsausgaben pro Kind – ein Alleinstellungsmerkmal im Bundesländervergleich. „Der Pakt war die Initialzündung beim Ausbau im U3-Bereich. mit den Finanzmitteln aus dem Pakt. Das hat den Ausbau kräftig angekurbelt“, betont Staatssekretärin Marion v. Wartenberg.

Betreuungsbedarf – auf die Nachfrage vor Ort kommt es an

Die Betreuungsquoten geben keine Auskunft darüber, ob das vorhandene Angebot für unter Dreijährige auch dem Bedarf der Eltern entspricht. Um hierzu eine Aussage treffen zu können, hat das Deutsche Jugendinstitut (DJI) in allen Bundeländern stichprobenartig Eltern befragt. In Baden-Württemberg äußerten demnach im vergangenen Jahr 39,2 Prozent der Eltern einen Betreuungsbedarf. Ausgehend von der Betreuungsquote von 27,8 Prozent ergibt sich damit eine Differenz von 11,4 Prozentpunkten. „Die Zahlen zeigen, dass es nach wie vor Bedarf nach verlässlicher und guter Betreuung gibt. Deshalb müssen wir uns weiter anstrengen und an unseren bisherigen Erfolgen anknüpfen“, so v. Wartenberg. Um den weiteren Ausbau von Kita-Plätzen zu fördern, habe die Landesregierung deshalb im laufenden Jahr ein einmaliges Landesinvestitionsprogramm in Höhe von 50 Millionen Euro aufgelegt.

Die Elternbefragung zeigt außerdem, dass sich der Betreuungsbedarf regional deutlich unterscheidet. „Beim Ausbau der Betreuungsplätze geht es nicht um die Erfüllung einer bestimmten Quote, sondern um die tatsächliche Nachfrage vor Ort. Wir müssen sowohl die Bedürfnisse der Eltern in kleineren Gemeinden als auch die in größeren Städten berücksichtigen.“ Die Nachfrage liege in Baden-Württemberg in den großen Städten bei 40 bis 60 Prozent und darüber, in anderen Regionen auch deutlich darunter. Deshalb habe das Kultusministerium vor Beginn des Rechtsanspruchs gemeinsam mit den Kommunalen Landesverbänden, dem Kommunalverband für Jugend und Soziales, den Kirchen sowie kirchlichen und die freien Trägerverbände ein zeitlich befristetes Flexibilisierungspaket auf den Weg gebracht, das dazu beiträgt, flexibel und bedarfsgerecht auf die jeweilige Nachfrage vor Ort einzugehen. Die Inanspruchnahme beziehe sich im Wesentlichen auf die Aufnahme von einzelnen Kindern im Alter von zwei Jahren und neun Monaten in altersgemischten Gruppen, wie Rückmeldungen ergeben haben.

Ausbauhürden – und zukunftsweisende Strategien zur Fachkräftegewinnung

In einer jährlichen Befragung werden die Jugendämter nicht nur nach den Strategien für den Ausbau befragt, sondern auch nach den Hürden, die sie beim Betreuungsausbau erleben. Eine Hürde, die laut Bericht über die Jahre an Bedeutung gewonnen hat, ist die Schwierigkeit, zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen. Baden-Württemberg hat zum einen mit dem Modell, der Praxisintegrierten Erzieherausbildung (PIA), reagiert. „Mit PIA ist es uns gelungen, das Berufsbild attraktiver zu machen und neue Zielgruppen als Fachkräfte für den Erzieherberuf zu anzusprechen. Wir haben einen enormen Zulauf, der permanent steigt“, sagt die Staatssekretärin. Das Modell werde nicht nur von den Schülerinnen und Schülern stark nachgefragt, auch die Träger melden zurück, dass ihnen dieses Modell große Chancen, insbesondere für eine nachhaltige Personalplanung biete. Doch PIA ist nicht die einzige zukunftsweisende Strategie, mit der die Landesregierung auf den Fachkräftebedarf reagiert. Der Einstieg unserer beruflichen Schulen in die AZAV-Zertifizierung erleichtert Umschulungen, insbesondere in der Erziehung und Pflege. Davon profitieren Personen, die von der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter eine Umschulung finanziert bekommen. Sie können an den zertifizierten beruflichen Schulen Bildungsgutscheine einlösen und von der anerkannt hohen Qualität des Unterrichts profitieren.

Qualität – Jeder Platz muss ein guter Platz sein

Der Ausbau des Betreuungsangebotes für unter Dreijährige ging nicht zu Lasten des Personalschlüssels oder der Gruppengröße in Kindertageseinrichtungen. Baden-Württemberg kann bei beiden Punkten sogar große Erfolge verbuchen. Mit einem Personalschlüssel von 1 zu 2,9 ist in Kita-Gruppen mit Kindern von unter 3 Jahren im Schnitt eine Fachkraft für 2,9 Kinder verantwortlich, ein Spitzenwert im Ländervergleich. „Gute Bildung muss früh ansetzen, um ungleichen Startvoraussetzungen von Kindern entgegenzuwirken. Dazu gehört auch, dass die pädagogischen Fachkräfte genügend Zeit für das einzelne Kind und dessen individuelle Bedürfnisse haben “, betont Marion v. Wartenberg. Eine besondere Rolle komme den vielen engagierten Fachkräften zu. Deshalb lege das Land großen Wert auf ihre Aus- und Weiterbildung und unterstütze die Träger bei der Fort- und Weiterbildung jährlich mit rund zehn Millionen Euro.“ Der Qualität verpflichtet sah sich auch ein Runder Tisch Kindertagespflege des Kultusministeriums, der vor einem Jahr gemeinsame Empfehlungen zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Kindertagespflege verabschiedet habe. „Wir sind das einzige Bundesland, das durch die Festlegung eines Schlüssels bei der fachlichen Begleitung der Tagespflegepersonen (1:90 bis 1:130) Standards gesetzt und dadurch bei der Qualität bundesweit einen Spitzenplatz eingenommen hat.“

Das Konzept der Sprachförderung in allen Tageseinrichtungen für Kinder mit Zusatzbedarf (SPATZ) trage, so v. Wartenberg, zur Bildungsteilhabe und damit zur Bildungsgerechtigkeit bei. Zum Kindergartenjahr 2014/2015 hat das Kultusministerium das Sprachförderprogramm verbessert und mit mehr Mitteln ausgestattet. Die deutlich kleineren Gruppen erhöhen die Qualität der Sprachbildung und Sprachförderung und geben mehr Zeit für das einzelne Kind. In Kitas mit einem Migrantenanteil von mindestens 80 Prozent ist die Gruppengröße von bislang zehn auf jetzt fünf Kinder je Gruppe halbiert worden. Dadurch erhöhen sich die Kommunikationssituationen und die Sprechgelegenheiten für jedes einzelne Kind.

Die Qualität von Bildung, Erziehung und Betreuung im frühkindlichen Bereich soll weiter vorangebracht werden, damit alle Kinder in Baden-Württemberg in ihren Entwicklungs- und Bildungsprozessen optimal begleitet und gefördert werden. Dazu trage das am 6. November 2014 verabschiedete Communiqué einer Bund-Länder-Konferenz bei sowie die weiteren landesspezifischen Qualitätsprozesse bei der Sprachförderung, der Förderung bei anderen Entwicklungsrisiken, der MINT-Förderung und beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. „Die Kinder stehen im Mittelpunkt unserer Anstrengungen“ sagt Staatssekretärin Marion v. Wartenberg.

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