Reportage

Mit- und voneinander lernen

Die Schüler Johannes (l.) und Felix (r.), ein Junge mit Down-Syndrom, sitzen  in der Gemeinschaftsschule Gebhardschule in Konstanz an einem Klassentisch beim Malen.

An der Gebhardschule in Konstanz werden Schüler mit und ohne Behinderung seit Jahren gemeinsam unterrichtet. Auch wegen den Erfahrungen daraus ist sie nun eine Gemeinschaftsschule. Ein völlig logischer Schritt, sagt die Rektorin.

Dass behinderte und nicht behinderte Kinder auf getrennte Schulen gehen sollen, leuchtet Gemma überhaupt nicht ein. „Es gibt ja auch keine Schulen für schwarze und weiße Menschen”, sagt die Zehnjährige. Sie geht in die fünfte Klasse der Gebhardschule in Konstanz, für die sich das Mädchen mit ihren Eltern ganz bewusst entschieden hat. Denn die Schule steht gleich im doppelten Sinn für gemeinsamen Unterricht: Es gibt Inklusionsklassen, in die Schüler mit und ohne Behinderungen gehen können. Und sie ist eine Gemeinschaftsschule, an der Kinder vom ersten bis zum zehnten Schuljahr zusammen unterrichtet werden.

„Wenn ich auf ein anderes Gymnasium gegangen wäre, hätten Maxi und ich vielleicht nicht zusammen hingehen können”, sagt Gemma. Denn ihre Freundin, die ein paar Tische weiter an einem Bild mit einem großen schwarzen Hund malt, sitzt im Rollstuhl. Im Alltag wird sie von einer Schulbegleiterin unterstützt, die ihr im Kunstunterricht die Stifte reicht oder sie beim Wechsel in verschiedene Räume begleitet.

Die Inklusion ist an der Gebhardschule aus einer Elterninitiative heraus entstanden. Einige der Kinder seien schon in einem integrativen Kindergarten gewesen, sagt Rektorin Elke Großkreutz. „Viele Eltern haben gesagt: Was dort wunderbar funktioniert hat, könnte doch in der Schule weitergehen.” Im Jahr 2000 ging es mit einem Pilotprojekt los, inzwischen sind die Klassen für behinderte und nicht behinderte Kinder fester Bestandteil des Schulalltages.

Inklusion und Gemeinschaftsschule von Eltern angestoßen

Auch die Gemeinschaftsschule geht auf die Initiative von Eltern zurück. Bei der Einführung hätte die Schule stark von den bereits gemachten Erfahrungen der Inklusionsklassen profitiert, sagt Großkreutz. „Diesen Mut zu zeigen und zu sagen, wir wagen den Schritt in diese Richtung, der hat ganz viel mit unserer Inklusionserfahrung zu tun.”, so die Rektorin. „Die Gemeinschaftsschule ist jetzt am Anfang noch eine ziemliche Herausforderung für uns. Aber für uns war es eine logische Entwicklung.”

Denn ähnlich wie bei der Inklusion wird bei der Gemeinschaftsschule zieldifferent – das heißt mit unterschiedlichen Bildungsplänen – unterrichtet. „Bei der Gemeinschaftsschule ist dasselbe Prinzip praktisch auf alle Schularten – einschließlich der Sonderschulen – erweitert worden”, sagt die Rektorin.

Die grün-rote Landesregierung sieht in der Gemeinschaftsschule eine Möglichkeit, allen Kindern und Jugendlichen dieselben Bildungschancen einzuräumen. Kinder mit Empfehlungen für die Haupt-/Werkreal-, die Realschule und das Gymnasium sollen die Ganztagsschulen gleichermaßen besuchen können.

Landesregierung bringt Inklusion voran

Die grün-rote Landesregierung sieht in der Gemeinschaftsschule eine Möglichkeit, allen Kindern und Jugendlichen dieselben Bildungschancen einzuräumen. Kinder mit Empfehlungen für die Haupt-/Werkreal-, die Realschule und das Gymnasium können die Ganztagsschulen gleichermaßen besuchen können.  Das längere gemeinsame Lernen, das Fördern jeder Schülerin und jedes Schülers bis zum jeweils bestmöglichen Abschluss sowie das Miteinander- und Voneinander-Lernen: All das sind Elemente, die die Pädagogik der Gemeinschaftsschule prägen.

Mit dem Schuljahr 2012/2013 sind die ersten 41 Gemeinschaftsschulen an den Start gegangen. Seither entwickelt sich die neue Schulart zum Erfolgsmodell: Schon jetzt gibt es 209 Gemeinschaftsschulen im ganzen Land. Das zeigt: Die neue Schulart kommt bei Kommunen, Lehrern, Eltern und Schülern gut an und ist schon jetzt breit im Land verankert.

Aber auch über die Gemeinschaftsschulen hinaus bringt die Landesregierung die Inklusion voran: Eltern sollen selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine Sonderschule oder eine Regelschule besucht. Die Sonderschulpflicht für Kinder mit Behinderung wird deshalb zum Schuljahr 2015/16 abgeschafft. Jedes Kind mit Behinderung soll dann wohnortnah eine Regelschule besuchen können. In der Inklusion besteht eine große Chance für alle Kinder und Jugendlichen. Dennoch wird es auch weiterhin Sonderschulen gehen. Denn der Landesregierung geht es um die Wahlfreiheit: Kinder mit Behinderung und ihre Eltern sollen sich für eine Regelschule entscheiden können, sie müssen das aber nicht.

Dass ihre Schule eine Vorreiterrolle beim gemeinsamen Unterrichten spielt, interessiert Gemma und ihre Freundinnen Maxi, Ronja und Sina nicht im Geringsten. Sie haben ihre Hundebilder an die Wand gehängt, eines neben das andere – bunte Kinderbilder, mit dicker Wachsmalfarbe gefertigt. «Wer hat welches gemalt», wollen sie wissen. Doch die Betrachter haben keine Chance: Den Hundebildern sieht man die Unterschiede nicht an.

Quelle:

Mit dpa

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