Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung im Gesetzblatt Baden-Württemberg am 11. September in Kraft.
Verordnung des Sozialministeriums zur Eindämmung von Übertragungen von SARS-CoV-2 (Coronavirus) bei Saisonarbeit in der Landwirtschaft (Corona-Verordnung Saisonarbeit Landwirtschaft – CoronaVO Saisonarbeit Landwirtschaft)
Vom 2. September 2020
Auf Grund von § 16 Absatz 8 der Corona-Verordnung (CoronaVO) vom 23. Juni 2020 (GBl. S. 483), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 28. Juli 2020 (GBl. S. 661) geändert worden ist, wird im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz verordnet:
(1) Diese Verordnung gilt für alle landwirtschaftlichen Betriebe, einschließlich Sonderkulturbetriebe, für die Dauer des Einsatzes von Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeitern.
(2) Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
- „Betrieb“ alle Arten von landwirtschaftlichen Betrieben, einschließlich Sonderkulturbetrieben,
- „Betreiber“ die für den Betrieb Verantwortlichen,
- „Beschäftigte“ alle im Betrieb tätigen Personen, insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten und arbeitnehmerähnliche Personen des Betriebes oder eines Subunternehmens sowie Werkvertragsnehmerinnen und Werkvertragsnehmer, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer,
- „Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter“ alle befristet Beschäftigten, die nur für eine begrenzte Dauer im Betrieb tätig sind,
- „Betriebsstätte“ jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage nach § 12 der Abgabenordnung, die der Tätigkeit des Betriebs dient, einschließlich landwirtschaftlich bewirtschafteter Grundstücke, die zu dem Betrieb gehören,
- „Arbeitsbereich“ den räumlich abgrenzbaren Bereich einer Betriebsstätte, in dem die Beschäftigten ihre betrieblich veranlassten Tätigkeiten ausüben.
In jeder Betriebsstätte muss, wo immer arbeitstechnisch möglich, ein Mindestabstand zu anderen Personen von 1,5 Metern eingehalten werden, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen ein ausreichender Infektionsschutz gewährleistet ist. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne des § 3 Absatz 1 stellt keine geeignete Schutzmaßnahme im Sinne von Satz 1 dar.
(1) Eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung muss von allen Personen in jeder Betriebsstätte getragen werden.
(2) Eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung besteht nicht
- außerhalb von geschlossenen Räumen,
- bei der Nahrungsaufnahme innerhalb einer Betriebskantine oder eines Pausenraumes,
- bei der Inanspruchnahme von gastronomischen Dienstleistungen,
- in den Fällen des § 3 Absatz 2 Nummern 1, 2 oder 6 CoronaVO.
(3) Für die Beschäftigten haben die Betreiber auf eigene Kosten Mund-Nasen-Bedeckungen im Sinne des Absatz 1 in ausreichender Anzahl für den gesamten Arbeitsalltag bereitzustellen.
(1) Der Betreiber hat in jeder Betriebsstätte die Hygieneanforderungen nach § 4 CoronaVO einzuhalten. Dabei hat der Betreiber zusätzlich folgende Pflichten zu erfüllen:
- Minimierung von Kontakten zwischen den Beschäftigten durch geeignete Organisation von Schichten,
- tägliche Abklärung bei den Beschäftigten auf die typischen Symptome einer Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 (Coronavirus), namentlich Fieber, trockener Husten, Störung des Geruchs- oder Geschmackssinns,
- Minimierung der Infektionsrisiken bei gemeinsamen betrieblich veranlassten Fahrten, einschließlich der Fahrten zwischen Unterkunft und Betriebsstätte.
Beschäftigte, die Symptome nach Satz 2 Nummer 2 aufweisen, müssen unverzüglich einem Arzt zur weiteren anamnestischen Abklärung vorgestellt werden.
(2) Die Beschäftigten in Betriebsstätten, in denen Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter eingesetzt werden, haben sich vor der erstmaligen Tätigkeitsaufnahme einer Testung durch geschultes Personal auf das Coronavirus durch PCR-Verfahren zu unterziehen. Beschäftigte, die innerhalb von 14 Tagen vor dem in § 11 Absatz 2 bestimmten Zeitpunkt bereits in Betriebsstätten nach Satz 1 die Tätigkeit aufgenommen haben, haben sich unverzüglich einer solchen Testung zu unterziehen.
(3) Die Pflicht nach Absatz 2 besteht nicht, wenn die oder der Beschäftigte
- IgG-Antikörper gegen das Coronavirus nachweist, die als Nachweis einer Immunität bewertet werden oder
- sich in den letzten 48 Stunden vor der Tätigkeitsaufnahme oder innerhalb des in Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitraums einer Testung unterzogen hat.
(4) Es wird empfohlen, dass sich die Beschäftigten in Betriebsstätten, in denen Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter eingesetzt werden, sieben Tage nach der Testung nach Absatz 2 oder Absatz 3 Nummer 2 einer nochmaligen Testung durch geschultes Personal auf das Coronavirus durch PCR-Verfahren unterziehen, es sei denn, es liegt ein Fall des Absatz 3 Nummer 1 vor.
(5) Auf Antrag des Betreibers kann das örtlich zuständige Gesundheitsamt Ausnahmen von Absatz 2 für Beschäftigte eines Arbeitsbereichs gewähren, wenn der Betreiber die tatsächliche Umsetzung eines spezifischen Hygienekonzepts nachweist, das es erlaubt, von der Pflicht zur Testung abzuweichen.
(6) Dem Betreiber obliegt die Sicherstellung der Durchführung der Testungen nach den Absätzen 2 und 4 sowie deren Finanzierung, soweit diese nicht anderweitig gewährleistet sind.
(1) Der Betreiber hat unter zusätzlicher Berücksichtigung von § 4 Absätze 1 bis 5 ein spezifisches Hygienekonzept gemäß § 5 CoronaVO zu erstellen. Dieses ist bei neuen Erkenntnissen aus dem Betrieb, aus anderen Betrieben oder aus wissenschaftlichen Untersuchungen umgehend anzupassen und umzusetzen.
(2) Der Betreiber kann bei Erstellung des Hygienekonzepts nach Absatz 1 das örtlich zuständige Gesundheitsamt einbeziehen. Das Hygienekonzept nach Satz 1 muss dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt auf Verlangen vorgelegt werden. Soweit dieses Mängel feststellt, ist das Hygienekonzept umgehend nach den Vorgaben des Gesundheitsamtes anzupassen.
(1) Der Betreiber ist verpflichtet, ausschließlich zum Zwecke der Auskunftserteilung gegenüber dem Gesundheitsamt oder der Ortspolizeibehörde nach §§ 16 und 25 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) für Beschäftige die Daten nach § 6 Absatz 1 CoronaVO zu erheben und zu speichern. Dies gilt nicht, wenn und soweit Daten bereits vorliegen. Bei mehreren Arbeitsgruppen hat der Betreiber die Daten der Beschäftigten der Arbeitsgruppen tagesaktuell zu erheben und zu speichern. Der Betreiber hat die Durchführung der Testungen nach § 4 Absätze 2 und 4 durch Erhebung und Speicherung des Tagesdatums für jeden Beschäftigten zu dokumentieren. Der Betreiber hat gleichermaßen Ausnahmen nach § 4 Absätze 3 bis 5 zu dokumentieren.
(2) Die Daten sind für einen Zeitraum von vier Wochen zu speichern und sodann zu löschen. Es ist zu gewährleisten, dass Unbefugte keine Kenntnis von den Daten erlangen.
(3) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten sind dem zuständigen Gesundheitsamt oder der zuständigen Ortspolizeibehörde auf deren Verlangen zu übermitteln. Eine anderweitige Verarbeitung ist unzulässig.
Die Bestimmungen der §§ 4 bis 6 gelten nur für Betriebe mit mehr als zehn Saisonarbeiterinnen oder Saisonarbeitern.
(1) Es gilt für jede Betriebsstätte ein Zutrittsverbot nach § 7 CoronaVO.
(2) Soweit Beschäftigte einer Pflicht zur Testung nach § 4 Absatz 2 unterliegen, dürfen sie die Betriebsstätten nur betreten, sofern sie sich den vorgeschriebenen Testungen unterzogen haben und keine positiven Testergebnisse aufweisen. Bis zum Vorliegen eines positiven Testergebnisses können die Beschäftigten die Betriebsstätten betreten.
(1) Die Arbeitsschutzanforderungen des § 8 CoronaVO sind einzuhalten. Darüber hinaus hat der Betreiber folgende Pflichten zu erfüllen:
Beschäftigte sind vor dem ersten Tätigkeitsbeginn, danach mindestens quartalsweise und bei Neuerungen unverzüglich in einer ihnen verständlichen Sprache umfassend schriftlich und mündlich zu informieren und zu unterweisen, insbesondere mit Hinweis auf die durch die Corona-Pandemie bedingten Änderungen der Arbeitsabläufe und Vorgaben sowie die typischen Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus, namentlich Fieber, trockener Husten, Störung des Geruchs- oder Geschmackssinns; diese Pflicht besteht auch, sofern Beschäftigte bei Inkrafttreten dieser Verordnung ihre Tätigkeit bereits begonnen haben;
Informationsweitergaben und Unterweisungen nach Nummer 1 müssen dokumentiert werden;
Beschäftigte sind mit persönlicher Schutzausrüstung auszustatten und über deren richtige Anwendung zu unterweisen.
(2) Die arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen des Betreibers, insbesondere nach §§ 3 bis 5 des Arbeitsschutzgesetzes und die Pflicht, Gefährdungsbeurteilungen im Hinblick auf neu hinzukommende Gefährdungen zu ergänzen, bleiben unberührt.
Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Absatz 1a Nummer 24 IfSG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- entgegen § 2 zu anderen Personen den Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einhält,
- entgegen § 3 Absatz 1 keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt,
- als Betreiber entgegen § 4 Absatz 1 die Hygienevorgaben nicht einhält,
- als Betreiber entgegen § 5 Absatz 1 kein spezifisches Hygienekonzept erstellt,
- als Betreiber entgegen § 5 Absatz 2 Satz 2 das Hygienekonzept auf Verlangen nicht vorlegt,
- als Betreiber entgegen § 5 Absatz 2 Satz 3 die Vorgaben des Gesundheitsamtes nicht im Hygienekonzept nach § 5 Absatz 1 umsetzt,
- als Betreiber entgegen § 6 Absatz 1 und 2 Daten nicht erhebt und speichert,
- einem Zutrittsverbot nach § 8 zuwiderhandelt oder
- als Betreiber entgegen § 9 Absatz 1 die Arbeitsschutzanforderungen nicht einhält.
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Abweichend von Absatz 1 treten § 4 Absätze 2 bis 5 und § 8 Absatz 2 eine Woche nach der Verkündung in Kraft.
(3) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages außer Kraft, an dem die Corona-Verordnung vom 23. Juni 2020 (GBl. S. 483), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 28. Juli 2020 (GBl. S. 661) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, außer Kraft tritt.
Stuttgart, den 2. September 2020
Lucha
In Vertretung
Prof. Dr. Wolf-Dietrich Hammann
Ministerialdirektor