Kernenergie

Minister Friedrich zur Bundesratssitzung am 17.06.2011

Der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich erläuterte am Donnerstag in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden Sitzung des Bundesrates am Freitag (17. Juni 2011).

Die Tagesordnung enthält 48 Vorlagen in 42 Tagesordnungspunkten. Darunter sind neun Gesetzesbeschlüsse des Deutschen Bundestages, die der Bundesrat im sog. Zweiten Durchgang abschließend behandeln wird, z. B. das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms (TOP 5). Der Bundesrat wird dieses Gesetz passieren lassen.

Die Länder sind mit insgesamt fünf Vorlagen auf der Tagesordnung vertreten. Darunter ist ein Gesetzentwurf von Hessen zur Änderung des Telemediengesetzes (TOP 10). Dabei geht es um den Datenschutz für die Nutzer vor allem der sozialen Medien. Neben diesem Gesetzentwurf liegen dem Bundesrat vier Entschließungsanträge von Ländern vor. Baden-Württemberg ist Mitantragsteller der Entschließung des Bundesrates – Für ein Europa der Freizügigkeit (TOP 11), die sich gegen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen wendet.

Außerdem wird sich der Bundesrat mit 16 Gesetzentwürfen der Bundesregierung im sog. Ersten Durchgang beschäftigen. Darunter sind die sieben Gesetzentwürfe zur Regelung des Ausstiegs aus der Nutzung der Kernenergie (TOP 17 a) bis g)). Diese sieben Vorlagen stellen den politischen Schwerpunkt der Sitzung dar.

Von den fünf EU-Vorlagen, zu denen der Bundesrat Stellung nehmen wird, sei die zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (TOP 25) genannt.

Ferner enthält die Tagesordnung acht Verordnungen der Bundesregierung, darunter die Restrukturierungsfonds-Verordnung (TOP 32), mit der Vorkehrungen für die Stabilisierung des Finanzsystems getroffen werden.

1. Unter TOP 17 findet sich der politische Schwerpunkt dieser Bundesratssitzung. Es handelt sich um sieben Gesetzentwürfe, mit denen die Bundesregierung den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie in die Wege leitet. Im Einzelnen:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" (EKFG-ÄndG) (TOP 17a))

Durch die Verkürzung der Laufzeiten der Atomkraftwerke fallen auch die Einnahmen des Fonds durch Abschöpfung von Zusatzgewinnen geringer aus. Diese Einnahmeausfälle will der Gesetzentwurf kompensieren. Er sieht vor, dass ab dem Jahr 2012 alle Einnahmen des Bundes aus der Versteigerung der Emissionszertifikate dem Fonds zufließen. Damit sollen die für den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie in den nächsten Jahren notwendigen Investitions- und Forschungsmaßnahmen finanziert werden. Diese sollen die Energieversorgung in Deutschland durch fossile und erneuerbare Energien sicherstellen. Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Programmausgaben zur Entwicklung der Elektromobilität künftig im Wirtschaftsplan des Energie- und Klimafonds veranschlagt werden.

Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden (TOP 17 b))

Der Entwurf sieht eine steuerliche Förderung von Baumaßnahmen zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden vor. Gefördert werden Gebäude, die vor 1995 gebaut wurden. Voraussetzung für die Förderung ist, dass der Energiebedarf erheblich verringert wird. Dies ist durch einen Sachverständigen zu bescheinigen. Eigentümer, die ihre Gebäude vermieten, können ihre Aufwendungen über einen Zeitraum von 10 Jahren steuermindernd geltend machen. Bei selbstgenutztem Wohneigentum können die Aufwendungen über einen Zeitraum von 10 Jahren gleichmäßig verteilt wie Sonderausgaben abgezogen werden.

Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (TOP 17 c))

Der Entwurf legt den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie schrittweise bis spätestens 2022 fest. Der Gesetzentwurf sieht vor, die im letzten Herbst in das Atomgesetz eingefügten zusätzlichen Elektrizitätsmengen wieder aufzuheben und die übrigen Berechtigungen der Kernkraftwerke zum Leistungsbetrieb zeitlich gestaffelt bis zum 31. Dezember 2022 zu befristen:

Die sieben ältesten Anlagen (Biblis A, Neckarwestheim 1, Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser und Philippsburg 1), die seit dem Beginn des Moratoriums am 15. März 2011 vom Netz genommen sind, sowie das Atomkraftwerk Krümmel verlieren mit Inkrafttreten des Gesetzes die Berechtigung zum Leistungsbetrieb. Zur Gewährleistung der Netzstabilität erhält die Bundesnetzagentur die Möglichkeit, eines dieser Kernkraftwerke als sog. Kaltreserve bis zum 31. März 2013 betriebsbereit zu halten.

Die übrigen Kernkraftwerke sollen ihre Berechtigungen zum Leistungsbetrieb gestaffelt zum jeweils energiewirtschaftlich möglichen Zeitpunkt verlieren (Grafenrheinfeld Ende 2015, Gundremmingen B Ende 2017, Philippsburg 2 Ende 2019, Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf jeweils Ende 2021, Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 jeweils Ende 2022).

Reststrommengen sollen innerhalb dieser Zeiträume nach den bisherigen Regeln übertragbar bleiben.

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (TOP 17 d))

 Der Entwurf novelliert das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), um die Grundlage für einen kontinuierlichen und kosteneffizienten Zuwachs bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu schaffen. Der Entwurf richtet sich an folgenden Leitlinien aus:

  • Dynamischer Ausbau der erneuerbaren Energien mit den Mindestzielen des Anteils von 35 Prozent in 2020, 50 Prozent in 2030 und 80 Prozent in 2050. Dies soll einen zentralen Beitrag dazu leisten, die Kohlendioxidemissionen Deutschlands im Vergleich zu 1990 bis 2020 um 40 % und bis 2050 um mindestens 80 % zu senken;
  • Erhalt der Grundprinzipien des EEG, wie Einspeisungsvorrang für Strom aus erneuerbaren Energien, feste Vergütung und Verpflichtung zum Netzanschluss bzw. –ausbau;
  • Ausbau unter Beachtung der Kosteneffizienz, dazu Vereinfachung des Vergütungssystems;
  • Marktintegration der erneuerbaren Energien (Direktvermarktung durch Anlagenbetreiber) als neue Säule im EEG und Einführung einer Marktprämie (die Anlagenbetreiber im Rahmen der Direktvermarktung vom Netzbetreiber verlangen können) als Anreiz, dass verstärkt Strom aus erneuerbaren Energien direkt auf dem Energiemarkt vermarktet wird.

Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (TOP 17 e)) 

Ziel des Entwurfes ist die Beschleunigung des Ausbaus der Stromnetze auf Hoch- und Höchstspannungsebene. Dazu sollen u. a. die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden. Ein Bundesnetzplan für Stromleitungen mit überregionaler und europäischer Bedeutung soll die notwendigen Trassenkorridore ausweisen und reservieren. Die Bundesnetzagentur erhält die Zuständigkeiten für die Planung in Abstimmung mit den betroffenen Ländern und für das Planfeststellungsverfahren für die Leitungen. Außerdem soll der Einsatz von Erdkabeln auf 110 Kilovolt-Ebene vereinfacht und ein einheitliches Genehmigungsverfahren für Freileitungen und Erdkabel geschaffen werden. Die Bevölkerung soll frühzeitig in die Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren eingebunden werden. Für Gemeinden, die durch den Leitungsausbau betroffen sind, soll es einen finanziellen Ausgleich geben. Bei der Offshore-Windenergie soll die Sammelanbindung mehrerer Windparks der gesetzliche Regelfall werden. Ein Offshore-Netzplan soll den koordinierten Ausbau erreichen.

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (TOP 17 f))

Der Entwurf setzt mehrere Verordnungen und Richtlinien des sog. Dritten Binnenmarktpakets Energie in nationales Recht um. Ziel ist es, durch eine stärkere Entflechtung und Regulierung insbesondere des Transportnetzes die Voraussetzungen für funktionierenden Wettbewerb auf den Märkten im Strom- und Gasbereich zu verbessern, einen Beitrag zur Beschleunigung des notwendigen Netzausbaus zu leisten sowie Transparenz und Verbraucherrechte im Energiebereich zu stärken. So verpflichtet der Entwurf z. B. die Netzbetreiber zu einer deutschlandweit koordinierten Netzausbauplanung, die auch Grundlage für das Netzausbaubeschleunigungsgesetz sein soll. Zur Stärkung der Verbraucherrechte ist u. a. die Einrichtung einer zentralen Verbraucherschlichtungsstelle vorgesehen. In Bezug auf den Lieferantenwechsel wird festgelegt, dass der Vorgang nicht länger als drei Wochen dauern darf. Ferner ermöglicht der Entwurf den Einsatz sog. Intelligenter Messsysteme, wobei die Daten der Verbraucher umfassend geschützt werden sollen.

Darüber hinaus sind Änderungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vorgesehen. U. a. wird der Förderzeitraum für KWK-Anlagen verlängert. Eine Inbetriebnahme soll nun bis zum 31. Dezember 2020 möglich sein.

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden (TOP 17 g))

Der Entwurf erweitert im Bereich der Städte und Gemeinden die Möglichkeiten, den Ausbau der erneuerbaren Energien und Maßnahmen zum Klimaschutz bauplanungsrechtlich zu beschleunigen. Folgendes ist vorgesehen:

  • Einfügung einer Klimaschutzklausel in das Baugesetzbuch;
  • Verbesserung planungsrechtlicher Instrumente zur Erneuerung von Windenergieanlagen vornehmlich in Windparks (Repowering);
  • Möglichkeit, in Bebauungsplänen gezielt Flächen für Anlagen zur Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom oder Wärme aus erneuerbarer Energie oder Kraft-Wärme-Kopplung festzulegen;
  • Einführung der klimagerechten Stadterneuerung als eine städtebauliche Maßnahme im Besonderen Städtebaurecht;
  • Erleichterungen für die Errichtung von Photovoltaikanlagen an oder auf Gebäuden.

Die Ausschüsse des Bundesrates haben zu den sieben Gesetzentwürfen z. T. umfangreiche Vorschläge für eine Stellungnahme des Bundesrates gemacht. Außerdem ist geplant, einen von Nordrhein-Westfalen erarbeiteten Antrag zu stellen, der sich auf das gesamte Paket bezieht. Diese Stellungnahme soll allgemeine Gesichtspunkte herausarbeiten, zu denen dann weitere Einzelempfehlungen auf der Basis der Ausschussvorschläge hinzutreten. Nach dem Antrag soll der Bundesrat die sich jetzt bietende Chance zu einem echten und dauerhaften Energiekonsens in Deutschland begrüßen. Dieser trage der Notwendigkeit einer stabilen, sicheren, bezahlbaren und umweltfreundlichen Energieversorgung Rechnung. Verstärkte Anstrengungen zur Energieeinsparung und Steigerung der Energieeffizienz sowie eine Kombination aus Erneuerbaren Energien und hocheffizienten Kraftwerken – möglichst in Kraft-Wärme-Koppelung – müssten eine sichere Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen, Klimaschutz, Ressourcenschonung und die nationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und der mittelständischen Wirtschaft sicherstellen. Nach dieser Einleitung greift der Antrag verschiedene Einzelaspekte auf, z. B.:

  • Der Atomausstieg sei schnellstmöglich, unumkehrbar und geordnet zu vollziehen. Die sieben ältesten Atomkraftwerke sowie das AKW Krümmel müssten endgültig abgeschaltet bleiben.
  • Die übrigen Atomkraftwerke würden stufenweise bis spätestens Ende 2022 abgeschaltet mit einem gesetzlichen Abschaltedatum für jedes AKW.
  • Die von der Bundesregierung vorgesehene „Kaltreserve“ durch eines der alten Kernkraftwerke bis zum 31. März 2013 sei abzulehnen; sofern eine Kaltreserve überhaupt erforderlich sein sollte, müsse sie vielmehr durch konventionelle Kraftwerke sichergestellt werden.
  • Etwaige Entschädigungsverpflichtungen gegenüber den Kernkraftwerksbetreibern und die Finanzierung des Rückbaus stillgelegter Kernkraftwerke (soweit nicht von den Betreibern zu finanzieren) und Forschungsreaktoren müsse der Bund tragen.
  • Zur ergebnisoffenen bundesweiten Suche (unter Einbeziehung von Gorleben) nach alternativen Endlageroptionen sei ein neuer Konsens auf gesetzlicher Grundlage notwendig.
  • Erforderlich sei eine Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf mindestens 40 % und danach eine kontinuierliche weitere Steigerung.
  • Energieintensive Unternehmen dürften nicht benachteiligt werden; sie dürften nicht zu einer Standortverlagerung gezwungen werden.
  • Optimierung und Ausbau der Netze müssten auf allen Spannungsebenen beschleunigt werden. Die Länder müssten auf der Basis einer Bundesnetzplanung zur Bedarfsfeststellung die Möglichkeit haben, den Trassenverlauf zu bestimmen. Die Übertragung der Planfeststellung für größere länderübergreifende Leitungsprojekte auf die Bundesnetzagentur werde abgelehnt.
  • Die finanzielle Ausstattung des KfW-Programms zur Gebäudesanierung müsse über die vom Bund vorgeschlagenen 1,5 Mrd. € hinaus auf 5 Mrd. € erhöht werden, um eine Sanierungsrate von 3 % zu erreichen.
  • Die nationale und die Forschung auf EU-Ebene müssten auf den Gebieten der Erneuerbare-Energien, der Speichertechniken und der Integration der Erneuerbare-Energien in die Netze intensiviert werden.
  • Steuermindereinnahmen von Ländern und Gemeinden seien zu kompensieren.

Baden-Württemberg wird diesen Antrag unterstützen.

Über diese Gesetzentwürfe zu zentralen energiepolitischen Weichenstellungen für die Bundesrepublik Deutschland hinaus enthält die Tagesordnung weitere beachtenswerte Vorlagen, auf die im Folgenden hingewiesen wird.

2. Ziel des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms (TOP 5) ist es, „ein klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft“ zu setzen. Danach definiert das Bundes-Immisionsschutzgesetz künftig Kinderlärm als nicht störend, d. h. als keine schädliche Umwelteinwirkung. Damit privilegiert das Gesetz alle Geräuscheinwirkungen durch Sprechen, Singen und Rufen etc., aber auch Geräusche durch körperliche Aktivitäten der Kinder wie Spielen, Laufen, Springen. Auch kindgerechte Spielzeuge und Spielgeräte wie Musikinstrumente sind künftig privilegiert. Das Gesetz strahlt auch auf das zivile Nachbarschaftsrecht aus, sodass Kinderlärm im Regelfall keine wesentliche Beeinträchtigung für benachbarte Grundstücke mehr darstellt. Dies soll die Einrichtung von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlicher Einrichtungen fördern.

Der Bundesrat wird zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht verlangen, d. h. das Gesetz passieren lassen. Dies entspricht der Haltung Baden-Württembergs.

Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass der Bundesrat bereits am 5. März 2010 die Bundesregierung zur Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs aufgefordert hatte. An der Formulierung dieses Entschließungsantrages war Baden-Württemberg maßgeblich beteiligt.

3. Die Entschließung des Bundesrates – Für ein Europa der Freizügigkeit (TOP 11) haben die Länder Berlin, Hamburg sowie Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz vorgelegt. Mit dieser Entschließung soll sich der Bundesrat gegen die Wiedereinführung dauerhafter Grenzkontrollen und für das Prinzip ungehinderter Freizügigkeit in Europa aussprechen. Der sog. Schengen-Besitzstand garantiert Reisefreiheit ohne Pass- und Grenzkontrollen für 22 der 27 Mitgliedstaaten der EU sowie für Norwegen, Island und die Schweiz. Dänemark hat demgegenüber Mitte Mai 2011 angekündigt, erneut Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Schweden einzuführen. Der Bundesrat soll nach dem Entschließungsantrag die Bundesregierung auffordern, sich gegen jede Form einer dauerhaften Wiedereinführung von Grenzkontrollen und für den Erhalt einer ungehinderten Freizügigkeit auszusprechen.

Es ist allerdings offen, ob sich für die Entschließung im Bundesrat eine Mehrheit finden wird.

4. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/96/EG zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (TOP 25)

Der Vorschlag geht auf Entscheidungen des Europäischen Rates vom März 2008 zurück. Darin wurde die Kommission aufgefordert, die Energiesteuer besser auf die energie- und klimapolitischen Ziele abzustimmen. Die Besteuerung von Energieprodukten ist bis zu einem gewissen Grad auf EU-Ebene harmonisiert. Die Besteuerung erfolgt dabei bisher auf der Grundlage der Menge der verbrauchten Energieerzeugnisse. Nach dem neuen Ansatz soll die Besteuerung nunmehr auf der Basis von Energiegehalt und Auswirkungen auf die Umwelt beruhen. Die Kommission schlägt dazu vor, den Mindeststeuersatz in zwei Komponenten aufzuteilen:

  • Besteuerung auf der Grundlage der CO2-Emissionen des Energieerzeugnisses, wobei ein Betrag von 20 Euro pro Tonne CO2 festgelegt wird;
  • Besteuerung auf der Grundlage des Energiegehalts, d. h. nach der tatsächlichen Energie, die in einem Erzeugnis enthalten ist, gemessen ist Gigajoule (GJ). Der Mindeststeuersatz würde auf 9,60 €/GJ für Kraftstoffe und 0,15 €/GJ für Brennstoffe festgelegt und zwar für alle Brenn- und Kraftstoffe, die für Verkehrs- und Heizzwecke verwendet werden. Wegen des höheren Energiegehaltes von Diesel verglichen mit Benzin wäre in Deutschland mit einer steigenden Steuerbelastung von Dieselkraftstoff zu rechnen.

Der Bundesrat wird voraussichtlich eine Stellungnahme beschließen, worin er Ziele des Richtlinienvorschlags begrüßen wird. Allerdings wird er auch einige kritische Anmerkungen machen. Z. B. wird er darauf hinweisen, dass Änderungen gegenüber den bisherigen Besteuerungsstrukturen in Deutschland nicht zu unzumutbaren Folgen für Verbraucher und Wirtschaft – insbesondere für KMU des produzierenden Gewerbes, die Stromerzeugung, den Transportsektor sowie die Automobilindustrie – führen dürfen. Auch die Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft, den Gartenbau und die Fischzucht soll die Bundesregierung detailliert prüfen. Auch hier seien unzumutbare Folgen zu vermeiden. Ferner wird der Bundesrat die Bundesregierung voraussichtlich bitten, bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene auch auf eine Harmonisierung der Agrardieselbesteuerung zwischen den Mitgliedstaaten hinzuwirken. Außerdem soll die Bundesregierung sich für die weitere Steuerfreiheit der in der Landwirtschaft eingesetzten Biokraftstoffe auf europäischer Ebene einsetzen.

Baden-Württemberg wird diese Empfehlungen unterstützen.

5. Verordnung über die Erhebung der Beiträge zum Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute (Restrukturierungsfonds-Verordnung - RStruktFV) (TOP 32)

Mit Inkrafttreten des Restrukturierungsfondsgesetzes vom 9. Dezember 2010 wurde ein Restrukturierungsfonds als Sondervermögen des Bundes errichtet, der von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) verwaltet wird. Aus dem Fonds sollen die zukünftigen Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen bei systemrelevanten Banken finanziert werden. Der Fonds soll durch Jahresbeiträge und ggf. Sonderbeiträge der beitragspflichtigen Kreditinstitute gespeist werden. Die vorliegende Verordnung konkretisiert die gesetzlichen Vorgaben für die Erhebung von Jahres- und Sonderbeiträgen und bestimmt die Einzelheiten des Erhebungsverfahrens.

Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt, der Verordnung zuzu­stimmen. Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen die Zustimmung nach Maßgabe von Änderungen. Baden-Württemberg wird einige dieser Empfehlungen unterstützen.

Dabei geht es z. B. darum, wie Passivposten bei der Beitragsbemessung für Institute, die Förderdarlehen vergeben, zu berücksichtigen sind. Der Wirtschaftsausschuss möchte hier zu einer Freistellung kommen, während der Finanzausschuss Förderkredite lediglich mit einem deutlich geringeren Beitragssatz belegt sehen möchte. Der Bundesrat wird mit Baden-Württemberg der Empfehlung des Finanzausschusses folgen. Was die Beitragsberechnung für kleinere Institute mit einem geringen Interbankengeschäft (Sparkassen- und Genossenschaftsbanken) angeht, empfiehlt der Wirtschaftsausschuss einen Freibetrag bei den Passiva von 1 Mrd. €, während der Finanzausschuss einen Freibetrag von 500 Mio. € vorschlägt. Auch hier wird der Bundesrat voraussichtlich der Empfehlung des Finanzausschusses den Vorzug geben; dies entspräche der Haltung von Baden-Württemberg. Der Finanzausschuss empfiehlt ferner u. a., bei der Berechnung der Zumutbarkeitsgrenze für den Jahresbeitrag den Durchschnitt der letzten fünf Jahre zugrundzulegen und negative Jahresergebnisse mit Null anzusetzen. Damit soll das Beitragsaufkommen über alle Institutsgruppen hinweg und unabhängig von den Schwankungen der Jahresergebnisse eine stabile Höhe erreichen. Dieser Empfehlung des Finanzausschusses wird der Bundesrat voraussichtlich folgen; Baden-Württemberg unterstützt dies.

 

Quelle:

Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund

Weitere Meldungen

Zwei Lokführer stehen am Kopf eines Zuges der SWEG und lachen in die Kamera.
  • Nahverkehr

Bündnis gegen Fachkräftemangel im ÖPNV

Arbeiter bauen Präzisions-Klimasysteme zusammen, die für die Lithographie-Abteilung in der Chip Produktion eingesetzt werden (Bild: © dpa).
  • Arbeitsmarkt

Arbeitslosigkeit im März nur leicht gesunken

von links nach rechts: Jutizministerin Marion Gentges, Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen und Ministerialdirektor Elmar Steinbacher
  • Justiz

Stuttgarter Generalstaats­anwalt geht in Ruhestand

Ein Bus der Linie X1 fährt in Stuttgart auf einer Busspur am Neckartor. (Bild: Sebastian Gollnow / dpa)
  • Nahverkehr

Kostensteigerungen in der Busbranche gedämpft

Ein Vermessungsgerät steht auf einer Autobahnbaustelle.
  • Straßenbau

Weitere Großprojekte an DEGES vergeben

Eine Frau mit einer VR-Brille sitzt in einem großen Gemeinschaftsbüro.
  • Hochschulen

Start-up-Szene weiter stärken

Eine Ärztin und eine Therapeutin sitzen mit einem medizinischen Stethoskop am Tisch und machen mit einem Laptop und einem Mobiltelefon medizinische Notizen.
  • Digitalisierung

Weitere Förderung von E-Government-Koordinatoren

Spargel, Kartoffeln und Sauce Hollandaise auf einem Teller
  • Ernährung

Ostern feiern mit regionalen Produkten

Polizisten kontrollieren ein Auto.
  • Verkehrssicherheit

Bundesweite Kontrollaktion gegen die Autoposerszene

Spielkarte mit "AAA" als Rating in BW
  • Haushalt

Baden-Württemberg weiter mit hoher Kreditwürdigkeit

NIS-Maßnahme Stadtstrand in Leinfelden-Echterdingen
  • Städtebau

Nichtinvestive Städtebau­förderung 2024 startet

Ein Windrad ist auf der Holzschlägermatte bei Freiburg zu sehen.
  • Bürokratieabbau

Erste Erfahrungen mit Praxis-Check zur Windkraft

Podiumsdiskussion beim Symposium
  • Justiz

43. Konstanzer Symposium zum Thema Verfassung

Startup BW Elevator Pitch Böblingen
  • Startup BW

„INFERNO“ im Finale von „Start-up BW Elevator Pitch 2024“

Eine Frau hält eine Michelin-Plakette während der Verleihung der Michelin-Sterne 2024 hoch.
  • Gastronomie

Fünf neue Gourmet-Sterne für Baden-Württemberg

Ein Bauarbeiter bedient eine große Baumaschine auf einer Autobahnbaustelle. (Bild: © dpa)
  • STRASSENBAU

Sanierung des Bundes- und des Landesstraßennetzes

  • Verkehrssicherheit

Weniger schwerverletzte Verkehrsteilnehmer

Touristen stehen an einem Geländer und auf einer Aussichtsplattform und blicken auf eine Stufe der Triberger Wasserfälle, über die Wasser fließt.
  • Tourismusinfrastruktur

Land fördert 37 lokale touristische Projekte

Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (rechts) unterhält sich während eines Besuchs der Universität Stuttgart mit Stella Asmanidou (links), Doktorandin im 3R-US-Netzwerk.
  • Tierschutz und Forschung

Weniger Tierversuche in der Biomedizin

Gefärbte Eier stehen in einer Palette (Foto: © dpa)
  • Tierschutz

Tierschutz an Ostern

Eine Besucherin der Ausstellung mit dem Titel: „Kunst & Textil“ sieht sich am 20. März 2014 in der Staatsgalerie in Stuttgart die Skulptur „Foud Farie“ aus dem Jahr 2011 von Yinka Shonibare an.
  • Kunst und Kultur

Acht Kunststipendien für die Cité internationale des arts

Gefärbte Eier stehen in einer Palette (Foto: © dpa)
  • Verbraucherschutz

Lebensmittelüberwachung kontrolliert österliche Produkte

Die Aufnahme zeigt das Atomkraftwerk in Fessenheim in Frankreich.
  • Kernkraftwerk Fessenheim

Öffentlichkeitsbeteiligung zur Stilllegung von KKW Fessenheim

Weiblicher Luchs Finja auf dem Weg in ihre neue Heimat, den Nordschwarzwald
  • Tierschutz

Erste Luchskatze hat sich ihren neuen Lebensraum erschlossen

Stuttgart 21 Hbf_innen-Neue_Bahnsteighalle_Bahnsteig_Quelle: DB/plan b_Atelier Peter Wel
  • Stuttgart 21

Gemeinsame Erklärung der Projektpartner von Stuttgart 21

// //