Bundesrat

Minister Friedrich zur Bundesratssitzung am 04.11.2011

Der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich erläuterte am Donnerstag in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden Sitzung des Bundesrates am Freitag (4. November 2011).

Die Tagesordnung enthält 32 Tagesordnungspunkte. Es handelt sich um die erste Sitzung des Bundesrates in dessen neuem Amtsjahr, das am 1. Novem­ber 2011 begonnen hat. Daher steht zu Beginn die traditionelle Ansprache des neuen Präsidenten des Bundesrates, Ministerpräsident Horst Seehofer, auf der Tagesordnung.

Es folgen sieben Gesetzesbeschlüsse des Bundestages. Davon sind besonders zu nennen das Achte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (TOP 4) und das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (TOP 5). Bei beiden Gesetzen könnte es zur Anrufung des Vermittlungsausschusses kommen.

Die Länder sind mit einem Gesetzentwurf und einem Entschließungsantrag auf der Tagesordnung vertreten. Weiter wird sich der Bundesrat mit sieben Gesetzentwürfen der Bundesregierung, die im sogenannten ersten Durchgang zur Stellungnahme vorliegen, befassen. Außerdem enthält die Tagesordnung einige EU-Vorlagen, worunter zwei sich aus aktuellem Anlass mit den Binnengrenzen im Schengen-Raum befassen (TOP 21 a) und b)). Schließlich finden sich noch einige Verordnungen der Bundesregierung sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (TOP 27) in der Tagesordnung.

Ein erhebliches finanzielles Volumen hat die Erste Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte (TOP 24). Durch die vorgesehenen Änderungen soll das Honorarvolumen um insgesamt 6 % oder rund 345 Mio. € erhöht werden. Betroffen sind vor allem Versicherte der Privaten Krankenversicherungen sowie gesetzlich Versicherte, die Leistungen in Anspruch nehmen, die über GKV-Leistungen hinausgehen.

1. Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (TOP 4)

Das Achte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ist ein Zustimmungsgesetz, das auf einen Entwurf der Koalitionsfraktionen im Bundestag zurückgeht. Es dehnt den überprüfbaren Personenkreis auf Beschäftigte öffentlicher Stellen mit Leitungsfunktionen ab A 9/E 9 aus. Ein Verdacht ist hier nicht Voraussetzung. Daneben geht es um die Verlängerung der Ende dieses Jahres auslaufenden Überprüfungsmöglichkeiten für alle Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst bis zum 31. Dezember 2019. Bei Mitarbeitern unterhalb der genannten Leitungsfunktionen ist allerdings ein Verdacht auf Stasi-Mitarbeit notwendig. Die Zugangsrechte zu den Stasi-Unterlagen sollen für Wissenschaft, Forschung und Medien erweitert werden. Auch nahe Ange­hörige sollen Zugang zu den Akten Verstorbener oder Vermisster erhalten können.

Weiter regelt das Gesetz die grundsätzliche Versetzung von Mitarbeitern mit Stasi-Vergangenheit vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staats­sicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz bei anderen Bundesbehörden. Dabei sollen soziale Belange sowie die Zumutbarkeit im Einzelfall berücksichtigt werden.

Die Ausschüsse empfehlen dem Bundesrat, dem Gesetz zuzu­stimmen.

Baden-Württemberg tritt für die Zustimmung zum Gesetz ein.

2. Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (TOP 5)

Ziel dieses Zustimmungsgesetzes ist es, die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit ausländischen Qualifikationen zu verbessern und die Integration von im Land lebenden Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt zu fördern. Nach Deutschland mitgebrachte Berufsabschlüsse und sonstige berufsrelevante Qualifikationen sollen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen Berufsgruppen in möglichst einheitlichen Verfahren arbeitsmarktgängig und damit für den Einzelnen und für Arbeitgeber besser nutzbar gemacht werden. Dadurch soll eine ausbildungsnahe Beschäftigung gefördert werden. Das Gesetz schafft im Zuständigkeitsbereich des Bundes einen allgemeinen Anspruch auf eine individuelle Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen Berufsqualifikationen mit inländischen Referenzqualifikationen.

Der Ausschuss für Kulturfragen und der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfehlen dem Bundesrat, die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes zu verlangen. Zur Begründung heißt es unter anderem, erforderlich seien nachhaltige und sinnvolle Strukturen, um den Anerkennungsprozess für Migrantinnen und Migranten transparent und zielführend zu gestalten. Die antragstellenden Personen sollten während des gesamten Verfahrens effektiv unterstützt und begleitet werden.

Der Gesundheitsausschuss empfiehlt demgegenüber, dem Gesetz zuzustimmen. Außerdem soll der Bundesrat eine Entschließung fassen, in der er die Bundesregierung auffordert, in ein künftiges Gesetzgebungsverfahren bei den Gesundheitsberufen eine standardisierte Kenntnisprüfung sowie eine Übergangsregelung für bereits laufende Verfahren aufzunehmen.

Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen haben einen Plenarantrag vorgelegt, der ebenfalls auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses gerichtet ist. Er enthält zwei Anrufungsgründe: Zum Einen soll das Gesetz einen verbindlichen Beratungsanspruch für die Antragstellerinnen und Antragsteller enthalten. Die Kosten hierfür seien vom Bund zu tragen. Zum Anderen soll erreicht werden, im SGB III Instrumente zur Anpassungsqualifizierung zu schaffen, die vom Bund finanziert werden. Dies soll auch für landesrechtlich geregelte Berufe gelten.

Baden-Württemberg hat ein hohes Interesse daran, dass das Gesetz in verbesserter Form zustande kommt. Baden-Württemberg unterstützt daher den genannten Plenarantrag der Länder Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen.

3. EU-Verordnung: Vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen (TOP 21 a) und

Mitteilung der Kommission: Wahrung des Schengen-Systems –  Stärkung des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen (TOP 21 b)

Beide Vorlagen beschäftigen sich vor dem Hintergrund von Ereignissen der letzten Zeit mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raumes.

Nach gegenwärtiger Rechtslage können die Mitgliedstaaten für die Dauer von höchstens 30 Tagen in Fällen einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit wieder Grenzkontrollen einführen. Demgegenüber sieht der Verordnungsvorschlag in vorhersehbaren Fällen eine Anmeldepflicht bei der Kommission sowie ein Eigeninitiativrecht der Kommission vor. Nur in besonderen Eilfällen soll die Entscheidungshoheit beim Mitgliedstaat, allerdings beschränkt auf einen Zeitraum von fünf Tagen, verbleiben. Bei einer länger anhaltenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit soll für die Aufrechterhaltung der Binnengrenzkontrollen ab dem sechsten Tag wiederum eine Kommissionsentscheidung herbeigeführt werden.

Die Ausschüsse empfehlen dem Bundesrat eine Stellungnahme. Danach würden die Bemühungen der Kommission, die Möglichkeiten der temporären Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu erweitern, begrüßt. Als Kernbereich polizeilicher Aufgabenerfüllung sei eine solche Maßnahme allerdings Aufgabe der Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung solle auf die Streichung der Kompetenzverlagerungen hinwirken, um wieder zur bisherigen Rechtslage mit ihrer mitgliedsstaatlichen Kompetenz für die Grenzsicherung zurückzukehren.

Baden-Württemberg teilt diese Auffassung nicht. Stattdessen hat das Land zusammen mit Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen einen Plenarantrag gestellt. Danach wird das Ziel der EU-Kommission, nationalstaatliche Alleingänge bei der Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Zukunft zu verhindern, begrüßt. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen habe Auswirkungen, die über den betreffenden Staat hinausgingen und sollte daher durch ein europäisches Verfahren abgesichert werden. Ausnahmen sollten nur als „ultima ratio“ und unter restriktiven Bedingungen möglich sein.

Baden-Württemberg wird nicht die Ausschussempfehlung sondern den Drei-Länder-Antrag unterstützen.

4. Waffengesetz (TOP 27)

Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz soll einen einheitlichen Vollzug des Waffengesetzes durch die Länder gewährleisten und den zuständigen Behörden die Anwendung des Gesetzes erleichtern.

Dem Bundesrat lag bereits im Jahr 2006 eine solche Verwaltungsvorschrift vor. Der Bundesrat hatte damals seine Zustimmung von zahlreichen Änderungen abhängig gemacht, die die Bundesregierung nunmehr berücksichtigt hat. Außerdem greift die Vorschrift Gesetzesänderungen aus den Jahren 2008 und 2009 auf.

In der umfangreichen Verwaltungsvorschrift ist unter anderem der Hinweis enthalten, dass bei Öffentlichkeitsveranstaltungen zur Nachwuchswerbung oder speziellen Schießveranstaltungen für Kinder kein Mindestalter vorgesehen sei. Sofern öffentliche Interessen nicht entgegen stünden, könnten Ausnahmen auch für Kinder unter zehn Jahre zugelassen werden, lediglich ein Alter von acht Jahren sollte nicht unterschritten werden.

Im Ausschuss für Frauen und Jugend war Baden-Württemberg dafür einge­treten, dass ein Mindestalter von zehn Jahren nicht unterschritten wird. Bei Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren sollte das Einverständnis der Sorgeberechtigten vorliegen. Für diese Verschärfung hat das Land jedoch keine Mehrheit gefunden. Der Ausschuss empfiehlt stattdessen unter anderem, dass der fragliche Hinweis vollständig gestrichen wird. Baden-Württemberg wird, nachdem es sich mit seinem Anliegen nicht hat durchsetzen können, diese Empfehlung unterstützen. Dies bedeutet allerdings keinesfalls, dass das Land gegen Altersuntergrenzen für Kinder wäre. Baden-Württemberg möchte sich dadurch vielmehr die Möglichkeit einer schärferen Landesregelung erhalten.

Quelle:

Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund

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