Verkehrssicherheit

Land erstattet Kosten für angeordnete Fahrzeugnachuntersuchung

Eine Sonde eines Gerätes zur Abgasuntersuchung für Dieselmotoren steckt im Auspuffrohr eines Autos. (Foto: © dpa)

Zwischen 20111 und 2012 wurden in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen zahlreichen, teilweise verkehrsuntauglichen Fahrzeugen fälschlicherweise eine Prüfplakette zugeteilt. Das Land erstattet nun die Kosten für die angeordnete Nachuntersuchung. Betroffene Fahrzeughalter sollten Ansprüche beim Verkehrsministerium anmelden. 

Ein Prüfingenieur einer amtlich anerkannten Fahrzeugüberwachungsorganisation hatte im Jahr 2011 und im ersten Quartal 2012 in größerem Umfang Fahrzeuge bei der Hauptuntersuchung und bei Änderungsabnahmen nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht vorschriftsmäßig geprüft und in zahlreichen Fällen zu Unrecht eine Prüfplakette zugeteilt, darunter auch nicht verkehrstauglichen Fahrzeugen oder Fahrzeugen mit erheblichen Mängeln. Sein Tätigkeitsschwerpunkt lag in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen. Das Landgericht Stuttgart hat ihn im Mai 2014 wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Nachdem die Vorwürfe bekannt und die von den Strafermittlungsbehörden gewonnen Erkenntnisse freigegeben worden waren, hatten die Zulassungsbehörden im Sommer 2012 auf Veranlassung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur angeordnet, dass die von dem Prüfingenieur im zurückliegenden Jahr vor seiner Verhaftung am 23. März 2012 geprüften Fahrzeuge aus Gründen der Verkehrssicherheit einer Nachuntersuchung durch den TÜV Süd e. V., der im Auftrag des Landes die Technische Prüfstelle betreibt, unterzogen werden müssen. Dies betraf rund 8.500 Fahrzeuge. Davon wurden rund 5.000 Fahrzeuge tatsächlich nachuntersucht. Die restlichen Fahrzeuge waren bereits zuvor von ihren Haltern außer Betrieb gesetzt worden. Im Ergebnis wurden bei rund der Hälfte der nachuntersuchten Fahrzeuge erhebliche Mängel festgestellt, die zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung führten. Die Kosten für diese Nachuntersuchungen wurden von den Haltern bezahlt.

In der Vergangenheit war die Frage der Kostentragungspflicht für die vom Land angeordnete Nachuntersuchung insbesondere zwischen dem Land und der betroffenen Fahrzeugüberwachungsorganisation in vielen Punkten strittig. Letztere hat sich trotz bestehender Freistellungsvereinbarung mit dem Land geweigert, den Fahrzeughaltern die durch die Nachuntersuchung entstandenen Kosten zu erstatten. In einem wichtigen Punkt konnte jetzt jedoch eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden: Das Landgericht Tübingen hat am 10. Dezember 2015 im Falle einer von der Nachuntersuchung betroffenen Fahrzeughalterin festgestellt, dass der strafrechtlich verurteilte Prüfingenieur in Ausübung seiner hoheitlichen Tätigkeit eine Amtspflichtverletzung gegenüber der Klägerin begangen habe, für die das Land im Wege der Amtshaftung einzustehen habe. Zur Höhe des Ersatzanspruches führte das Landgericht aus, dass die Kosten der erneuten Hauptuntersuchung von regelmäßig 53,50 Euro zu erstatten seien, nicht aber die Kosten einer erneut vorgenommenen Abgasuntersuchung oder von Reparaturarbeiten.

Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur sieht dieses Klageverfahren vor dem Landgericht Tübingen als Musterverfahren an und wird das Urteil des Landgerichts, sobald dieses rechtskräftig ist, auf alle anderen Nachuntersuchungsfälle übertragen. Da sich die Überwachungsorganisation, für die der Prüfingenieur tätig war, weiterhin weigert, für den entstandenen Schaden aufzukommen, musste erst eine gerichtliche Klärung der für die Entschädigung relevanten Rechtsfragen herbeigeführt werden. Damit das Land die an die betroffenen Fahrzughalter zu erstattenden Schadenersatzleistungen im Interesse des Steuerzahlers im Regresswege von der Überwachungsorganisation, für die der Prüfingenieur tätig war, zurückfordern kann, ist ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Tübingen erforderlich.

Alle Fahrzeughalter, die bereits gegenüber den Zulassungsbehörden oder dem Verkehrsministerium Schadenersatzansprüche angemeldet haben, erhielten bereits in den vergangenen Tagen ein entsprechendes Schreiben, in dem das Ministerium die Erstattung begründeter Ansprüche ankündigt, sobald das Urteil des Landgerichts Tübingen Rechtskraft erlangt hat. Dieses Schreiben verhindert zugleich den Eintritt der Verjährung, welcher mit Ablauf des 31. Dezember 2015 drohen würde. Bislang haben 366 Halter Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit der Nachuntersuchung angemeldet. 

Fahrzeughalter, die im zweiten Halbjahr 2012 von Ihrer Zulassungsstelle zur Durchführung einer Nachuntersuchung in dem geschilderten Fall aufgefordert worden waren und noch keinen Anspruch geltend gemacht haben, sollten dies umgehend gegenüber dem Verkehrsministerium tun. 

Was können betroffene Halter jetzt tun

Die betroffenen Halter können sich ab sofort unter dem Stichwort „HU-Plakette 2012“ an die Bürgerreferentin des Verkehrsministeriums wenden, und zwar möglichst 

  • per E-Mail an folgende E-Mail-Adresse: Buergerreferent@mvi.bwl.de
  • per Fax an die Faxnummer: 0711/231-5819
  • notfalls per Briefpost an das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, Bürgerreferentin, Postfach 103452, 70029 Stuttgart. 

Um eine rechtzeitige Bearbeitung zu gewährleisten, sollte die Mitteilung Haltername, Postanschrift, E-Mail-Adresse sowie das (damalige) KFZ-Kennzeichen und das Datum der Nachuntersuchung beinhalten. Wichtig ist, dass im „Betreff“ das Stichwort „HU-Plakette 2012“ angegeben wird. Das Verkehrsministerium wird nach Eingang der Nachricht ein Bestätigungsschreiben versenden.

Nachdem sich die Überwachungsorganisation, in deren Namen der Prüfingenieur tätig war, nach wie vor weigert, für den entstandenen Schaden aufzukommen und bislang auch nicht bereit war, gegenüber dem Land eine Verjährungsverzichtserklärung abzugeben, hat das Land beim zuständigen Landgericht  eine Feststellungsklage eingereicht. Mit dieser Klage möchte das Land zum einen verhindern, dass seine Regressansprüche gegenüber der Überwachungsorganisation mit Ablauf des Jahres verjähren, zum anderen aber auch erreichen, dass die Einstandspflicht der Überwachungsorganisation gerichtlich festgestellt wird.

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