Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat gemeinsam mit Integrationsministerin Bilkay Öney die Flüchtlingsunterbringung im Kloster Weingarten besucht. Sie sprachen bei einem Rundgang durch die Einrichtung mit den Flüchtlingen, die in der Unterbringung leben.
„Nach Berichten der UNO befinden sich derzeit weltweit über 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Mehr denn je seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese Entwicklung stellt uns vor eine große Herausforderung. Es ist aber selbstverständlich, dass wir Menschen in Not aufnehmen werden. Das Projekt hier im Kloster Weingarten verdeutlicht auf sehr beeindruckende Weise, dass wir alle gemeinsam – Land, Kommunen, Kirchen, zivilgesellschaftlicher Bereich sowie Ehrenamt – viel tun können, um Menschen zu helfen, die vor Krieg, Verfolgung und Entrechtung auf der Flucht sind “, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann anlässlich seines Besuchs der Flüchtlingsunterbringung im Kloster Weingarten. Gemeinsam mit Integrationsministerin Bilkay Öney sprach Ministerpräsident Kretschmann vor Ort mit kommunalen und kirchlichen sowie zivilgesellschaftlichen Verantwortlichen über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Flüchtlingspolitik. Im Anschluss erfolgte ein Rundgang durch die Einrichtung und ein persönliches Gespräch mit den Flüchtlingen, die in der Unterbringung leben.
Thomas Broch, Flüchtlingsbeauftragter der Diözese Rottenburg-Stuttgart, bedankte sich im Namen von Bischof Gebhard Fürst für den Besuch auf dem Weingartener Martinsberg. „Wir würdigen es“, so Broch, „dass Sie das unmittelbare Gespräch mit den Flüchtlingen hier suchen und die Nöte, die diese belasten, stellvertretend für viele andere Flüchtlinge im Land aufnehmen.“ Dies sei Zeichen einer Flüchtlingspolitik, die vom Gedanken der Willkommenskultur geleitet sei. Auf dieser Grundlage komme man sicher auch bei der Lösung drängender Probleme wie der Unterbringung oder der Abschiebepraxis gemeinsam voran.
Ihm sei bewusst, so Kretschmann weiter, dass die Stadt- und Landkreise mit der Unterbringung der Flüchtlinge vor erhebliche Belastungen gestellt würden. Deswegen sei es ihm wichtig, sich immer wieder abzustimmen und über weitere Unterstützung nachzudenken „Im Hinblick auf die weiter zunehmenden Konflikte und Kriege in der Welt, müssen wir in einem reichen Land, wie Deutschland es ist, unserer humanitären Verantwortung gerecht werden“, erklärte Ministerpräsident Kretschmann. „Wir werden den gemeinsamen Austausch weiter intensivieren und wollen noch in diesem Herbst einen Flüchtlingsgipfel einberufen, auf dem wir mit den Spitzen der Ministerien, der Kommunalen Landesverbänden sowie von Seiten der Kirchen und zivilgesellschaftlichen Flüchtlingsorganisationen weitere Schritte für Baden-Württemberg besprechen wollen.“
Integrationsministerin Öney unterstrich, dass das Land entsprechend den Zugangsprognosen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge seine Erstaufnahmekapazitäten kontinuierlich erweitert habe, seit 2012 von ursprünglich rund 900 auf inzwischen 2.700 Plätze. Doch das werde nicht ausreichen. „Baden-Württemberg braucht rund 4.000 Plätze in der Erstaufnahme. Das Land sucht deshalb mit Hochdruck geeignete Standorte im Südwesten. Mit der Zollernalb-Kaserne in Meßstetten können wir nun kurzfristig und befristet zusätzliche Kapazitäten aufbauen und die Erstaufnahmestelle in Karlsruhe entlasten“, sagte Öney. Eine Informationsveranstaltung vor Ort habe dabei gezeigt, dass die Bürgerschaft größtenteils sehr viel Verständnis für die Situation der Flüchtlinge habe. Öney: „Ich war überwältigt von der Solidarität und Menschlichkeit der Bürgerinnen und Bürger in Meßstetten. Und auch die Menschen hier in Weingarten können stolz auf ihr Engagement und ihre Hilfsbereitschaft sein.“
Die Pauschalen, mit denen das Land den Stadt- und Landkreisen die Kosten für die vorläufige Unterbringung der Flüchtlinge erstatte, seien mit dem neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz deutlich erhöht worden und würden bis 2016 weiter ansteigen, betonte Kretschmann. „Um sicherzustellen, dass die Kostenerstattung auskömmlich ist, läuft momentan eine Überprüfung der Pauschalen, die noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Wir wollen eine faire Kostenerstattung zwischen Land und Kreisen.“
Zudem prüfen das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur und das Integrationsministerium wie baurechtliche Hürden für die Flüchtlingsunterbringung gesenkt werden können. „Wir stehen zu diesen Fragen in Kontakt mit den Kommunalen Landesverbänden und den Flüchtlingsorganisationen“, sagte Ministerin Öney.
Asylbewerber und Flüchtlinge
Seit dem Jahr 2012 nimmt die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge stark zu. Nach der aktuellen Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist im Jahr 2014 mit knapp 200.000 Erstantragstellern in Deutschland und damit für Baden-Württemberg mit etwa 23.000 Personen zu rechnen.
Angesichts der Flüchtlingskatastrophe vor der Insel Lampedusa hatte Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg Stuttgart, den Vorschlag gemacht, das Kloster Weingarten für Flüchtlinge zu öffnen. Er folgte damit dem Aufruf von Papst Franziskus vom Juli 2013, Klöster für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Das ehemalige Gästehaus (alter Lazarettbau) wurde von Seiten der Diözese Rottenburg Stuttgart renoviert. Insgesamt sind inzwischen 39 Flüchtlinge aus Eritrea, Nigeria, Kamerun und Pakistan in der Flüchtlingsunterbringung im Kloster Weingarten untergebracht.
Es handelt sich um eine Einrichtung des Landkreises Ravensburg, die soziale Betreuung erfolgt über die Caritas. Derzeit sind im Landkreis Ravensburg zirka 620 Flüchtlinge in 13 Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Die Plätze sind voll ausgelastet. Der Landkreis ist im Moment dabei, weitere 330 Plätze zu schaffen. Die meisten Flüchtlinge im Landkreis wurden in den Städten Weingarten und Ravensburg untergebracht.