Das Bundesverfassungsgericht hat heute auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen festgestellt, dass die Bundesregierung im Rahmen der Verhandlungen des permanenten Euro-Rettungsschirms ESM die grundgesetzlichen Rechte des Deutschen Bundestages auf umfassende und frühestmögliche Informationen in EU-Angelegenheiten verletzt hat. Der Vorsitzende des EU-Ausschusses des Bundesrates Minister Peter Friedrich wies am Dienstag in Stuttgart darauf hin, dass das Karlsruher Urteil weitreichende Folgen auch für den Bundesrat hat. Denn das Bundesverfassungsgericht habe die Auffassung der Länder vollumfänglich bestätigt, dass es sich beim ESM um eine Angelegenheit der EU im Sinne des Art. 23 Abs. 2 GG handele, obwohl ihm ein völkerrechtlicher Vertrag zugrunde liege.
Eine Gesamtschau der den ESM prägenden Charakteristika habe substantielle Berührungspunkte mit dem Integrationsprogramm der EU-Verträge ergeben. „Jedenfalls durch die Verflechtung mit supranationalen Elementen besitzt der Europäische Stabilitätsmechanismus eine hybride Natur, die ihn zu einer Angelegenheit der Europäischen Union macht“, so die Karlsruher Richter.
Die Länder hatten sowohl beim vorübergehenden Euro-Rettungsschirm EFSF als auch jetzt beim ESM in mehreren Bundesratsbeschlüssen und zähen Verhandlungen mit der Bundesregierung ihre Informationsrechte, die ihnen ebenso wie dem Bundestag nach Art. 23 Abs. 2 GG zustehen, eingefordert. Die Bundesregierung hatte dies bis zuletzt hartnäckig mit dem Verweis auf die völkerrechtliche Natur der zugrunde liegenden Verträge verweigert. Friedrich betonte in Stuttgart: „Die Bundesregierung wollte uns bei ihrer Euro-Geheimpolitik mit Informationen bewusst an der kurzen Leine halten. Dafür hat sie nun zu Recht erneut eine Ohrfeige aus Karlsruhe eingefangen.“
Friedrich verlangt, dass die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Informations- und Mitwirkungsrechte des Parlaments nun noch in das laufende Gesetzgebungsverfahren zum ESM und auch zum Fiskalpakt einfließen müssen. „Ich werde mich hierzu zeitnah mit den anderen Ländern abstimmen und auf den Bundestag zugehen“, so der EU-Ausschussvorsitzende.
Quelle:
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund