Die Lehramtsstudiengänge an den Pädagogischen Hochschulen werden mit Beginn des Wintersemesters 2011/12 neu gestaltet. Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer unterzeichnete jetzt in einer ihrer ersten Amtshandlungen die entsprechenden Prüfungsordnungen, nachdem auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zugestimmt hatte. Die Prüfungsordnungen waren von der früheren Landesregierung vorbereitet worden.
Künftig gibt es damit einen Studiengang für das Grundschullehramt (Primarstufe) sowie einen weiteren Studiengang für das Lehramt an Werkreal-, Haupt- und Realschulen (Sekundarstufe I). Das bisherige Verbundlehramt an Grund- und Hauptschulen ist aufgehoben. Dass die Ministerien für die beiden neuen Studiengänge eine Regelstudienzeit von acht Semestern festgelegt haben, unterstreicht ihre gleichwertige Bedeutung. Der Studiengang für das Lehramt an Sonderschulen wird umgestaltet in den neuen Studiengang Sonderpädagogik mit einer Regelstudienzeit von neun Semestern.
„Jetzt können die Grundschullehrer endlich besser für die ersten Schuljahre ausgebildet werden“, sagt Warminski-Leitheußer. Zudem gelinge damit der Einstieg in die Stufenlehrerausbildung, wonach die Pädagogen auf die Lernphasen der Kinder und Jugendlichen im Grundschul- (Primar-) und Sekundarbereich unterschiedlich vorbereitet werden. Die Wissenschaftsministerin fügt hinzu: „Mir ist es wichtig, die strikte Trennung zwischen den Schularten aufzuheben - zugunsten einer Ausbildung, die sich an der Altersstufe der Schülerinnen und Schüler orientiert. Die neuen Regelungen ermöglichen es den Studierenden außerdem, den schulischen Alltag künftig noch intensiver kennenzulernen.“ Die schulpraktischen Teile der Ausbildung sollen zu einem integrierten Semesterpraktikum gebündelt werden.
Die beiden Ministerien wollen mit den neuen Studiengängen erreichen, dass die Pädagogen ihren Unterricht besser auf die jeweilige Altersgruppe der Schüler ausrichten können. Auch die individuelle Förderung und die Diagnostik etwa bei Sprachproblemen stehen im Vordergrund. „Jeder Pädagoge muss künftig so auf jeden einzelnen Schüler eingehen können, dass dessen Stärken gefördert und Schwächen ausgeglichen werden“, erklärt die Kultusministerin. Damit werde auch eine Voraussetzung dafür geschaffen, den Unterricht an den kommenden Gemeinschaftsschulen zu gestalten.
Grundschule: Damit ist gewährleistet, dass künftige Grundschullehrerinnen und -lehrer neben dem umfassenden Studium von pädagogisch-psychologischen Inhalten ein breites fachliches Grundlagenwissen erwerben. Vorgeschrieben sind die Kompetenzbereiche Deutsch einschließlich Deutsch als Zweitsprache und Mathematik. Darüber hinaus sind zwei weitere Kompetenzbereiche wählbar. „Damit können wir erreichen, dass alle künftigen Grundschullehrkräfte so gut ausgebildet sind, dass sie den Übergang der Kinder in die Schule besser begleiten können als bisher“, erklärt die Kultusministerin. So sei auch sichergestellt, dass die Pädagogen frühzeitig Lernschwierigkeiten etwa beim Lesen oder bei der Entwicklung des Zahlenverständnisses erkennen und entsprechende Fördermaßnahmen einleiten könnten.
Werkreal-, Haupt- und Realschulen: Für das Lehramt werden drei Fächer (ein Hauptfach, zwei Nebenfächer) studiert, etwa: Physik und Chemie, Deutsch, Englisch und Französisch sowie Informatik, Mathematik und Wirtschaft. Absolventen dieses Lehramts können nach der zweiten Staatsprüfung in Haupt-, Werkreal- und Realschulen und in Gemeinschaftsschulen eingesetzt werden. Die beiden Ministerien streben an, hier künftig auch die Ausbildung für Gymnasiallehrer einzubeziehen. „Hier wird keine Zweizügigkeit des Schulsystems festgefügt“, unterstreicht Warminski-Leitheußer.
Lehramt Sonderpädagogik: Dieses Lehramt kann an den Pädagogischen Hochschulen in Heidelberg und Ludwigsburg/Reutlingen studiert werden und umfasst die Kompetenzbereiche Deutsch und Mathematik des Lehramtsstudiengangs Grundschule, ein Fach des Studiums für das Werkreal-, Hauptschul- und Realschullehramt sowie das Studium zweier sonderpädagogischer Fachrichtungen. Der Studiengang wird insbesondere darauf ausgerichtet, dass künftige Sonderpädagoginnen und -pädagogen, zum Beispiel im Rahmen von inklusiven Bildungsangeboten, häufiger als in der Vergangenheit in Bildungseinrichtungen außerhalb der Sonderschulen wirken können.
Für alle drei Studiengänge gilt, dass die Studierenden stärker als bisher mit der schulischen Praxis verbunden sind. Sie absolvieren ein zweiwöchiges Einführungs- und Orientierungspraktikum, ein etwa 14-wöchiges integriertes Semesterpraktikum, das bestanden werden muss, und schließlich ein Professionalisierungspraktikum. Alle Praxisphasen werden von den Experten der Pädagogischen Hochschulen sowohl pädagogisch als auch fachdidaktisch betreut.
Die beiden Ministerien legen zudem Wert auf weitere neue Aspekte dieser Ausbildung, etwa auf die interkulturelle Kompetenz künftiger Lehrkräfte sowie die Fähigkeit zur Kooperation insbesondere mit den Eltern.
Die Vorarbeiten für alle drei Prüfungsordnungen wurden in einem breit angelegten mehrjährigen Kommunikationsprozess in Kommissionen mit Vertretern der Pädagogischen Hochschulen, der Seminare für Didaktik und Lehrerbildung, der Schulen, der Kirchen und der Studierenden geleistet. In den Diskussionsprozess waren darüber hinaus die Lehrerverbände, die Personalvertretung, der Landesschulbeirat und der Landeselternbeirat einbezogen.
Quelle:
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg