Schule

Auftaktveranstaltung des Kultusministeriums zur Gemeinschaftsschule

"Wir wollen unsere Schulen noch besser und zukunftsfähiger machen", unterstreicht Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer bei der Auftaktveranstaltung Gemeinschaftsschule in Ludwigsburg (6. Oktober). Baden-Württemberg solle künftig bei internationalen Leistungsvergleichen das Mittelmaß verlassen und sich stärker an der Spitze orientieren. Die neue Landesregierung wertet den enormen Zuspruch bei der Veranstaltung als großen Erfolg. Rund 1.400 Pädagogen, Eltern, Kommunalpolitiker und Bildungsfachleute sind ihrer Einladung gefolgt, um aus erster Hand Informationen über die neue Gemeinschaftsschule zu erhalten.

Die Ministerin unterstreicht, dass die Landesregierung das bisherige Bildungssystem mit Hilfe der neuen Schulart weiterentwickeln wolle und müsse. Die Schulen im Land hätten ebenso wie die Lehrkräfte eine sehr gute Qualität, und auch der Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler könne sich sehen lassen - jedenfalls im bundesdeutschen Vergleich. Aber das reiche nicht mehr aus, um den künftigen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft gerecht werden zu können. Warminski-Leitheußer hält das baden-württembergische Schulsystem deshalb in mehrfacher Hinsicht für wenig zukunftsfähig. Zum einen sei es nicht ausreichend auf den demografischen Wandel vorbereitet. Zurückgehende Schülerzahlen verlangten, dass die Bildungsstruktur vor allem im ländlichen Raum neu geordnet werden müsse. Zum zweiten verlange die Wirtschaft zu recht größere Anstrengungen, hochqualifizierte Fachkräfte auszubilden. Zum dritten müsse das Land bessere Voraussetzungen schaffen, um die Zukunft der Mädchen und Jungen nachhaltiger zu sichern als bisher. Gerade in Baden-Württemberg entscheide die familiäre Herkunft viel zu stark über ihre Bildungschancen. "Wir müssen es endlich schaffen, dass jeder Junge und jedes Mädchen den bestmöglichen Schulabschluss erreichen kann und dass niemand wegen seiner Herkunft oder wegen des kleineren Geldbeutels seiner Eltern benachteiligt ist." Insbesondere die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund gelinge an den Schulen zu wenig, wie sich etwa an ihrem geringen Anteil an den Abiturienten zeige. Und bei Kindern mit Behinderung stünde die Inklusion erst am Anfang. Wie jemand angesichts dieser Fakten das bestehende Schulsystem insgesamt und uneingeschränkt verteidigen und sich gegen neue Wege sperren könne, sei für sie nicht nachvollziehbar, sagte die Ministern.

Klar sei aber auch, dass die Gemeinschaftsschule nicht auf Leistung verzichten wolle, wie ihre Gegner dies fälschlicherweise behaupteten, im Gegenteil. Denn die international längst etablierte Form der individuellen Förderung in enger Verbindung mit kooperativen Lernformen sorge gerade dafür, dass nicht nur die schwächeren Schülerinnen und Schüler gefördert würden, sondern eben auch die leistungsstarken. Aber selbst bei ihnen sei es wichtig, dass der Leistungsstand im internationalen Vergleich besser werde. "Die Eltern können sich darauf verlassen, dass ihre Kinder in der Gemeinschaftsschule besonders gut vorankommen werden", betont die Ministerin.

Kinder werden in der Schule nicht mehr getrennt

Stabsstellenleiter Norbert Zeller erläutert, dass die Gemeinschaftsschule besonders gut dafür geeignet sei, die Kinder und Jugendlichen mit ihren vollkommen unterschiedlichen Voraussetzungen anzusprechen, zu fordern und zu fördern. Damit werde es endlich möglich, die althergebrachte und unsoziale Dreigliedrigkeit des baden-württembergischen Schulsystems zu überwinden. Schließlich biete eine Gemeinschaftsschule alle Bildungsgänge und damit alle Schulabschlüsse an. "Die Mädchen und Jungen werden hier nicht mehr auseinandergerissen oder nach ihren angeblichen Fähigkeiten aufgeteilt, sondern sie bleiben zusammen und können voneinander und miteinander lernen", betont Zeller.

Er verweist auch auf die neue Form der Leistungsbeurteilung. Sie richte sich in der neuen Schulart nicht mehr ausschließlich nach Noten. Zensuren werde es im Hinblick auf den Wechsel in andere Schulformen oder in den Abschlussklassen aber weiterhin geben. Die Noten sollen aber durch differenzierte verbale Beurteilungen ergänzt werden. Geplant ist, die Lehrerinnen und Lehrer mit Fortbildungen zu unterstützen, eine wissenschaftliche Begleitung ist zudem vorgesehen.

Zeller erläutert auch den weiteren Zeitplan für die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg. Im April 2012 wird die notwendige Änderung des Schulgesetzes angestrebt, und im September 2012 sollen die ersten etwa 30 Schulen an den Start gehen. Im November 2012 können weitere Kommunen ihre Anträge einreichen, um dann im September 2013 selbst eine Gemeinschaftsschule vor Ort zu haben.

Die Schüler sollen zu Gewinnern werden

Peter Fratton, der unter anderem die Freie Schule Anne-Sophie in Künzelsau gegründet hat, markiert die unterschiedliche Pädagogik zwischen dem ausschließlichen Frontalunterricht einerseits und der Gemeinschaftsschule andererseits. Das bisherige System bezeichnet er als "7-G-Unterricht": "Alle gleichaltrigen Schüler haben beim gleichen Lehrer zum gleichen Zeitpunkt im gleichen Zimmer mit dem gleichen Lehrmittel das gleiche Ziel gleich gut zu erreichen." Konkurrenz sei hier vorprogrammiert, die Schülerinnen und Schüler müssten sich dem System anpassen. Die überwiegende Mehrheit werde dabei zum Verlierer.

Fratton verlangt stattdessen, das "Lernen neu zu denken". An seiner Schule dürfe es keine Verlierer geben. Dafür sorge die sogenannte "V-8-Begleitung" als Handlungsanweisung: "Auf vielfältigen Wegen mit vielfältigen Menschen an vielfältigen Orten zu vielfältigsten Zeiten mit vielfältigen Materialien in vielfältigen Schritten und mit vielfältigen Ideen in vielfältigen Rhythmen zu gemeinsamen Zielen." Wie das von den Pädagogen in einem "Haus des Lernens" umgesetzt werden kann, wurde in einem Pilotprojekt der PH Ludwigsburg in Zusammenarbeit mit der Stiftung Würth erprobt. Die Teilnehmer der Ludwigsburger Veranstaltung erhalten bei seinem Vortrag einen umfangreichen Einblick, wie dieses Konzept in den Gemeinschaftsschulen umgesetzt werden kann. "Damit trägt das Land einer Lernkultur Rechnung, die sich an den Schülerinnen und Schülern und ihrer individuellen Leistungsfähigkeit orientiert, wie sie einer leistungsbewussten, aber auch sozial gerechten Gesellschaft entspricht", sagt die Ministerin.

Quelle:

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg

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