Bei der feierlichen Preisverleihung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022 wurden die Gewinner-Teams in fünf Kategorien ausgezeichnet. 150 Coding-Interessierte entwickelten innovative Projekte aus offenen Daten von Kultureinrichtungen aus Baden-Württemberg.
Was wäre, wenn wir das zerstörte Troja in einem Computerspiel wieder aufbauen können? Macht eine Anwendung an der Schnittstelle von Mode und Augmented Reality moderne Kunst für Besucherinnen und Besucher zugänglicher? Wie können wir historische Zeitungen möglichst einfach nach relevanten Geschehnissen durchsuchen? Mit Fragen wie diesen beschäftigten sich in den letzten Wochen mehr als 20 Projektteams aus Coderinnen und Coder, Kreativen, Studierenden verschiedenster Fachrichtungen sowie Kultur- und Technikinteressierten. Die Teilnehmenden des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022 entwickelten mit offenen Daten von 34 Kultureinrichtungen aus dem Südwesten Prototypen für digitale Anwendungen. Bei einer feierlichen Preisverleihung am 24. Juni 2022 im Landesmuseum Württemberg stellten die Projektteams ihre Ideen vor und wurden anschließend in fünf Kategorien ausgezeichnet.
„Ich freue mich, dass der erfolgreiche Kultur-Hackathon in Baden-Württemberg mit einer beeindruckenden Zahl von mehr als 20 Projektteams auf große Resonanz stößt. Das zeigt, Technik und Kultur vertragen sich offensichtlich sehr gut miteinander“, sagt Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. „Der freie und kreative Umgang mit Kulturdaten, wie er bei Coding da Vinci praktiziert wird, ermöglicht eine gewinnbringende Zusammenarbeit etablierter Kultureinrichtungen mit der Coding-Szene sowie mit Studierenden und Kreativschaffenden. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt der digitalen Öffnung unserer Institutionen.“ Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022 wird auf Landesebene maßgeblich durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützt.
Projektvorstellung der einzelnen Ideen bei der Preisverleihung
Wie breitgefächert die Ideen der Teilnehmenden sind, zeigte sich bei der Preisverleihung in Stuttgart. Nachdem sie Anfang Mai mit einem Kick-off-Wochenende in den Ideen- und Programmierwettbewerb gestartet waren, tüftelten die 150 Teilnehmenden in einer siebenwöchigen Sprint-Phase weiter an den Ideen für ihre Projekte. Unterstützt wurden sie dabei von den Kulturinstitutionen, die den Teams ihre Daten zur Verfügung gestellt hatten. Am 24. Juni schließlich stellten die Teams ihre Projekte einer breiten Öffentlichkeit vor.
Entstanden sind digitale Anwendungen von enormer Bandbreite: darunter Daten-Visualisierungen, Games und dreidimensionale Modellierungen bis hin zu spielerischen Anwendungen mit Einsatz von Augmented-Reality-Elementen oder künstlicher Intelligenz. Alle Projektideen stehen auf der Website von Coding da Vinci zur Ansicht bereit. Die Projekte können, wie auch die unter offener Lizenz zur Verfügung gestellten Kulturdaten, von Interessierten in Zukunft weiter bearbeitet werden.
Ausgezeichnete Projektideen in fünf Kategorien
Am Nachmittag wurden die besten Projekte von einer fünfköpfigen Fachjury in insgesamt vier Kategorien ausgezeichnet. Ein weiteres Team erhielt als „Everybody‘s Darling“ den Publikumspreis. Die prämierten Projektideen von Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022:
Anna-Saray Rohmann, Raimund Koop, Marius Winter und Dennis Antonik (Programmierschule 42 Heilbronn) kreierten einen „Magic Mirror“. Die technisch komplexe Installation ermöglicht es, aus Kunstwerken generierte Mode im eigenen Spiegelbild zu erleben. Das Modell eines Kleidungstückes mit der Textur eines ausgewählten Gemäldes wird mit Hilfe von Kamera, Touchdisplay und künstlicher Intelligenz dargestellt. Das Projekt holt Motive und Farben aus 236 Kunstwerken der Staatsgalerie Stuttgart im Kontext von Mode und Technologie in die heutige Zeit.
Erik Böpple, Schara Fuchs, Wessam Minavi, Marie-Hélène Baten (Universität Tübingen): Das Rollenspiel der vier Studierenden vereint Zeichnung und Malerei der Romantik, Retro-Optik früher Videospiele und eigens erstellte Illustrationen. Im Spiel begegnet man dem Geist des Künstlers Carl Philipp Fohr und begibt sich auf die Spuren einer Künstlergruppe, welche sich im 19. Jahrhundert im Caffè Greco in Rom traf. Die Entwicklung des Spiels ging von italienischen Landschaftsmalereien und Porträts der Heidelberger Romantiker aus, die zu den größten Schätzen des Kurpfälzischen Museums Heidelberg zählen.
Simeon Allmendinger, Joel Oswald, Emil Meckel, Sasha Bruns, Tabea Tietz, Etienne Posthumus (Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur (FIZ) Karlsruhe): Das Projekt „ansights“ ermöglicht es, Dokumente inhaltlich automatisiert auszuwerten und diese mit Inhalten historischer Zeitungen verknüpfen. „ansights“ generiert automatisch Schlagworte aus hochgeladenen Dokumenten und verknüpft sie miteinander. Die Ergebnisse werden visuell erfasst und anhand ihres inhaltlichen Überschneidungsgrades aufbereitet. Die Anwendung bezieht Datensätze unterschiedlicher Herkunft mit ein: Universitätsbibliothek Mannheim, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Gemeinsame Normdatei (GND) und Wikidata.
Luiza Peixe (Brasilien), Prince Andrew Ardayfio, Matthew Hansen (beide: Ghana), Swi Innocent Che (Kamerun): Das internationale Projektteam „ScrapHumor“ verhandelt in seinem Kartenspiel die großen Themen Humor und Subjektivität. Geschichten des Comicautors René Schweizer aus der Sammlung von HumorCare e.V. treffen auf kuriose Exponate des Landesmuseums Württemberg. Das analoge Kartenspiel findet seine Erweiterung in den virtuellen Raum mit Hilfe digitaler Tokens, durch welche man nach einem gewonnenen Spiel eine der liebevoll gestalteten Spielkarten als non-fungible token (NFT) erhalten kann.
Jana Köhler, Benedikt Braun, Claire-Marie Küper, Stephanie Sauner, Dennis Maaß, Corvin Eberlein (Universität Stuttgart) gestalteten ein Aufbauspiel, in dem es darum geht, die verschiedenen Phasen und die gefundenen Artefakte der Stadt Troia kennenzulernen. Mit kleinen Minigames wird die durch eine Katastrophe zerstörte Stadt wieder aufgebaut. Die verwendeten Daten mit Fotografien originaler Keramiken, archäologischen Fundzeichnungen und Karten stammen aus dem MUT – Museum der Universität Tübingen. Das Spiel könnte künftig für das Publikum im Museum zugänglich gemacht werden und Troia für jeden spielerisch erlebbar machen.
Im Anschluss an die Preisverleihung haben alle Teilnehmenden die Möglichkeit, sich für ein Stipendium zu bewerben. Eine externe Jury vergibt nach einer Bewerbungsphase von sechs Wochen insgesamt vier Stipendien, mithilfe derer die Stipendiatinnen und Stipendiaten ihre Projekte weiter ausarbeiten können.
Jugend-Hackathon „Hack To The Future trifft Coding da Vinci“
In der Kooperation mit „Hack To The Future“ – einem Programm der Initiative Kindermedienland Baden-Württemberg – hatten sich erstmals in der Geschichte von Coding da Vinci auch computer- und technikbegeisterte Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren am Kultur-Hackathon beteiligt. Auch sie stellten am 24. Juni ihre Projekte vor. Darunter eine Anwendung, die mittels generativer künstlicher Intelligenz japanische Querrollen aus dem Stadtmuseum Hornmoldhaus in Bietigheim-Bissingen fortführt, weiter ein Jump-and-Run-Game, für das ein Datensatz der Universität Tübingen aus einem Troia-Forschungsprojekt als Inspiration diente, sowie eine digitale Schatzsuche, die zu historischen Plätzen Mannheims führt. Unterstützt wurden die Jugendlichen bei der Umsetzung ihrer Projekte von ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren aus der Games- und IT-Branche.
Deutschlands erfolgreichster Kultur-Hackathon
Ziel der 2014 gegründeten Initiative Coding da Vinci ist es, Kultureinrichtungen mit Studierenden sowie Open-Data- und Creative-Tech-Communities zusammenzubringen, um innovative Anwendungen für verschiedene Zielgruppen zu entwickeln. In diesem Jahr fand der Kultur-Hackathon erstmalig in Baden-Württemberg statt. Im Rahmen von Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022 stellten 34 Museen, Bibliotheken, Archive und Gedenkstätten aus ganz Baden-Württemberg einen riesigen Datenschatz zur Verfügung, aus dem die Teilnehmenden in bunt gemischten Projektteams Prototypen digitaler Anwendungen entwickelten.
Der Kultur-Hackathon wird im Programm Kultur Digital der Kulturstiftung des Bundes gefördert als gemeinsames Projekt der Deutschen Digitalen Bibliothek, des Forschungs- und Kompetenzzentrums Digitalisierung Berlin (digiS), der Open Knowledge Foundation Deutschland und Wikimedia Deutschland. Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022 wird maßgeblich durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützt. Darüber hinaus erhält der Kultur-Hackathon Unterstützung durch die MFG Baden-Württemberg. Hack To The Future ist ein Programm der Initiative Kindermedienland Baden-Württemberg der Landesregierung. Es wird von der MFG Baden-Württemberg im Auftrag des Staatsministeriums Baden-Württemberg und in Kooperation mit der Landesanstalt für Kommunikation konzipiert und durchgeführt.
Als Sponsoren von Coding da Vinci Baden-Württemberg 2022 traten die VisualVest GmbH und die TUM Campus Heilbronn gGmbH auf.
Quelle:
MFG Baden-Württemberg