Bukarest - Von Unsicherheit war bei Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei seinem ersten Staatsbesuch in Rumänien nichts zu spüren. Knapp fünf Monate nach seiner Wahl zum ersten Grünen-Ministerpräsidenten Deutschlands bewies Kretschmann am Mittwoch und Donnerstag bei Gesprächen mit der rumänischen Staatsspitze seine Souveränität auf dem internationalen Parkett. Der 63-Jährige hörte aufmerksam zu, agierte sehr umsichtig, sprach aber auch Probleme an.
Auch in Rumänien wird mit Spannung verfolgt, ob es einem Hochtechnologieland wie Baden-Württemberg unter der grün-roten Landesregierung gelingt, Wirtschaft und Umweltschutz in Einklang zu bringen. Wohl auch aus diesem Grund nahm sich die erste Garde des rumänischen Staates Zeit für Kretschmann.
In seinen Gesprächen mit Präsident Traian Basescu, Regierungschef Emil Boc, Außenminister Teodor Baconschi und Senatspräsident Mircea Geoana kam der baden-württembergische Regierungschef immer wieder auf die Donauraumstrategie der Europäischen Union zu sprechen. Dabei kooperieren 14 Donau-Anrainerstaaten, um unter anderem Wirtschaft, Tourismus, Kriminalitätsbekämpfung oder Wissenschaft zu fördern.
Kretschmann punktet auch in Rumänien mit persönlichen Bezügen
Baden-Württemberg und Rumänien wollen die Donauraumstrategie forcieren, das wurde bei den Gesprächen deutlich. Rumänien erhofft sich durch die intensiveren Beziehungen vor allem wirtschaftliche Vorteile. Kretschmann machte jedoch klar, dass dies nicht zulasten der Umwelt gehen dürfe. Die Donau müsse sauber bleiben, sagte er und webte eine persönliche Geschichte ein: Er habe in der Donau schwimmen gelernt.
Dass persönliche Anekdoten Kretschmanns Botschaft ankommen lassen, zeigte sich auch im Außenministerium. Nachdrücklich wies er daraufhin, wie wichtig ein intensiver Jugendaustausch ist, um die Beziehungen zwischen Ländern zu stärken. Ein Beispiel sei sein Sohn Johannes, der Rumänisch studiert habe und für drei Monate ein Praktikum in Hermannstadt gemacht habe. Der Außenminister nahm dies in seinem Abschiedswort auf und lud zu einem erneuten Aufenthalt in Rumänien ein.
Mit seinen Gastgeschenken warb Kretschmann für sein großes Hobby Wandern. Drei Rucksäcke verschenkte er an die rumänischen Politiker und verknüpfte dies mit der Einladung, einmal in Baden-Württemberg an der Donau spazieren zu gehen.
Grünen-Politiker erntet Lob für offene Worte
Die monumentale Ceausescu-Architektur in Bukarest und die prunkvoll geschmückten Säle, in denen er von der ersten Garde des rumänischen Staats empfangen wurde, verunsicherten Kretschmann nicht. Gegenüber Regierungschef und Außenminister kritisierte er ganz offen, dass deutschen Investoren oft bürokratische Hürden in den Weg gelegt würden. Das müsse verbessert werden. Boc dankte Kretschmann für seine «pragmatische, offene Herangehensweise», die die Basis für eine tragfähige Beziehung sei.
Auch die Energiepolitik kam aufs Tapet. Senatspräsident Geoana betonte zwar, wie weit man beim Ausbau der Windkraft sei und welches Interesse Rumänien an Umwelttechnologien und erneuerbaren Energien haben. Regierungschef Boc machte jedoch auf Nachfrage Kretschmanns klar, dass man sich derzeit keinen Verzicht auf die Atomkraft vorstellen könne.
Quelle:
dapd-bwb