Lebensmittelüberwachung

Vom Acker bis auf den Teller

Eine Frau arbeitet in einem Labor des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Stuttgart

Von der Dönerbude über den Bauernhof bis zum Discounter – die Lebensmittelkontrolleure in Baden-Württemberg tragen mit ihrer Arbeit einen wichtigen Baustein zum Verbraucherschutz bei. Deshalb stärkt die Landesregierung die Lebensmittelüberwachung. Wir haben einen Kontrolleur im Rems-Murr-Kreis für einen Tag begleitet.

Thomas Scheuler überprüft noch mal die Temperatur in der großen Kühlbox im Kofferraum seines Dienstwagens und fährt dann los, hinaus aus Backnang durch den hügeligen Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald. Ein Navi braucht er nicht, als Lebensmittelkontrolleur in Diensten des Landratsamts Rems-Murr-Kreis kennt Scheuler seinen Bezirk, in dem er für rund 700 Betriebe zuständig ist, wie seine Westentasche.

Erstes Kontrollziel für heute ist ein Restaurant auf dem Land. Scheuler kommt wie immer unangemeldet. „Wir dürfen uns nicht vorher anmelden, das würde ja sonst das Ergebnis verfälschen“, sagt er. Kontrolliert wird immer, egal ob Wochenende, Tag oder Nacht. „Sobald in einem Betrieb gearbeitet wird, haben wir das Zugangsrecht“, so Scheuler, während er sich seinen weißen Schutzanzug für die Kontrolle überzieht.

Schutz vor Etikettenschwindel

Nach dem Vorgespräch mit dem Wirt beginnt Scheuler mit seinem systematischen Rundgang. Einer Kontrollliste folgend, begutachtet er zunächst den Wareneingang, wo gerade frisches Obst und Gemüse angeliefert wurden. Hier prüft er kurz die Herkunft des Spargels. „Wenn ‚Deutscher Spargel‘ auf der Karte steht, muss sich der Gast ja darauf verlassen können, dass es auch wirklich Spargel aus Deutschland ist“, so Scheuler. In diesem Fall ist alles okay: Der Spargel kommt aus Baden. „Wir kontrollieren nicht nur Gesundheitsbedenklichkeit oder die Hygienestandards“, erklärt Scheuler, „sondern schützen die Menschen auch vor Betrug.“ Typische Beispiele von Etikettenschwindel seien etwa Schinken, der gar kein Schinken ist, als „Schafskäse“ deklarierter Käse aus Kuhmilch oder der berühmt-berüchtigte Analogkäse, der nur zum Teil oder gar ganz ohne Milch hergestellt wird.

Scheuler setzt seinen Rundgang fort. Im Trockenlager, in dem beispielsweise Konserven, Salz und Öl aufbewahrt werden, schaut er, ob die Regale sauber sind und überprüft stichprobenartig die Haltbarkeitsdaten auf den Produkten. „Das ist alles wunderbar. Alles gut abwischbar“, stellt er fest und freut sich über die Regalböden aus Edelstahl. Wichtig: Auch Decke, Wände und Fußböden sind glatt und gut zu reinigen. Als gelernter Metzgermeister kennt sich Scheuler von Haus aus gut mit dem Thema Lebensmittel aus, auch seine sieben Kollegen sind entweder Meister im Lebensmittelhandwerk oder Lebensmitteltechniker – das ist Voraussetzung für die Ausbildung zur Lebensmittelkontrolleurin oder zum Lebensmittelkontrolleur.

Auf die Zielgruppe kommt es an

Auch mit dem Kühlraum und dem begehbaren Froster ist Scheuler zufrieden. Die richtige Lagertemperatur der Lebensmittel kann er mit einem Infrarotthermometer überprüfen. „Der Wirt hat in den letzten Jahren viel investiert. Als er den Betrieb übernommen hat, waren die Räume in wesentlich schlechterem Zustand“, so Scheuler. Mittlerweile sei der Betrieb aber auf einem guten Weg. Wie oft Scheuler vorbeikommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. „Jeder Betrieb ist von uns riskiobeurteilt“, so Scheuler. „Da zählt hinein, wie die vergangenen Kontrollen verlaufen sind oder ob der Betrieb leicht verderbliche Ware wie etwa Fleisch verarbeitet.“ Auch die Zielgruppe der Verbraucher spielt eine Rolle. So werden Einrichtungen wie zum Beispiel Altenheime, Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser, die jeweils empfindliche Personengruppen verköstigen, häufiger kontrolliert. Und nicht zuletzt kommt es auch auf das Gespür an, das Scheuler und seine Kollegen im Laufe der Zeit entwickeln. „Wir kennen ja alle unsere Pappenheimer“, sagt Scheuler.

Die Kontrolle in dem Restaurant hat Scheuler nach einer guten Stunde beendet. Zu beanstanden hat er wenig, der Wirt soll einzig in ein paar neue Spülkörbe für seine Industriespülmaschine investieren und die Zapfanlage etwas gründlicher reinigen.

Manchmal werden die Kontrolleure zu Ermittlern

Die Gastronomie ist aber nicht die einzige Branche, die Scheuler und seine Kollegen regelmäßig checken. Sie kontrollieren den Erdbeer- oder Spargelverkaufsstand an der Landstraße genauso wie Bauernhöfe, Großküchen, Schnapsbrennereien, Mühlen oder Discounter. „Vom Acker bis ins Regal“ heißt das Motto der Kontrolleure. Manchmal werden sie dabei auch zu Ermittlern, etwa wenn ein Verbraucher oder eine Verbraucherin nach dem Verzehr einer Ware erkrankt ist. Dann muss Scheuler versuchen herauszufinden, woher das Produkt kam und ob eventuell sogar eine Warnung herausgegeben werden muss. „Derzeit haben wir auch mit dem Internethandel zu kämpfen“, so Scheuler, „zum Beispiel mit Nahrungsergänzungsmitteln aus Nicht-EU-Ländern, die von Händlern über das Netz geordert werden.“

Mittlerweile ist Scheuler im zweiten Betrieb für heute angekommen, ein Bauernhof, oder, wie es im Fachjargon der Kontrolleurinnen und Kontrolleure heißt: ein Erzeugerbetrieb. Im Hofladen gibt es Brot aus der hofeigenen Backstube und selbstgemacht Wurstwaren. Nach dem einleitenden Informationsgespräch schaut Scheuler zunächst, ob die Beanstandungen von seiner letzten Kontrolle im April 2013 behoben wurden. Schnell ist er zufrieden: die Heizungsrohre in der Backstube haben neue Isolierungen bekommen, einige beanstandete Stellen haben die Betreiber neu verfugt.

Den kleinen Schlachtraum schaut er sich ebenfalls an, obwohl Schlachtbetriebe zusätzlich gezielt von den zuständigen Amtstierärzten überprüft werden. Die kontrollieren neben der Lebensmittelhygiene auch, ob die tierschutz- und tiergesundheitsrechtlichen Vorgaben in Schlachtbetrieben eingehalten werden. Sorgfältig schaut sich Scheuler danach im Verkaufsraum um, checkt stichprobenartig, ob der Inhalt der Marmeladen richtig angegeben ist und ob das Haltbarkeitsdatum auf den Nudeln stimmt.

Qualitätsprüfung in ganz Baden-Württemberg

Am Ende entnimmt er noch eine Probe : eine Dose Leberwurst. Warum genau die? Scheuler holt eine Liste hervor. „Darauf stehen alle Proben, die ich in der nächsten Zeit in meinem Bezirk erheben werde“, sagt er. Dutzende Produkte stehen dort, vom Schaumwein aus dem Discounter über Kosmetika bis hin eben zur Leberwurst aus dem Erzeugerbetrieb. Nicht nur Scheuler entnimmt die entsprechenden Produkte von der Liste, sondern auch seine Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bezirken. Ihre Proben schicken sie dann an eines der vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern (CVUA) in Baden-Württemberg. Hier werden bald die landesweit gesammelten Leberwurstproben untersucht und ergeben so eine gute Übersicht über die Gesamtqualität der Leberwurst im Südwesten.

Zu den Dingen, die beprobt werden, zählen aber nicht nur Lebensmittel. „Wir kontrollieren auch Bedarfsgegenstände, alles was unmittelbaren Hautkontakt hat“, so Scheuler. Dazu zählten etwa auch Spielwaren oder Leder. Die Lebensmittelüberwachung umfasst dabei viele Alltagsgegenstände, die einem als Verbraucher gar nicht einfallen würde: etwa die Tätowierfarben aus baden-württembergischen Tattoostudios, Fastnachtsartikel oder Kinderschuhe. Auch Gegenstände mit Lebensmittelkontakt wie Pfannenwender oder Produktverpackungen werden geprüft.

Auf dem Bauernhof hat Scheuler seine Kontrolle mittlerweile beendet. Zu beanstanden war diesmal nichts, er ist zufrieden. Für heute hat er seine Fahrt abgeschlossen, die Ergebnisse kommen nun in die Datenbank der Lebensmittelüberwachung, die Leberwurst schickt er auf den Weg zum CVUA nach Fellbach. Zu welchen Betrieben es morgen geht? Das verrät Scheuler nicht – denn diese Information könnte schließlich das Ergebnis verfälschen.

Landesregierung investiert weiter in den Verbraucherschutz

Die Landesregierung investiert weiter in die Lebensmittelüberwachung, denn schließlich erwarten die Verbraucherinnen und Verbraucher zu Recht gesunde, qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel. Seit 2012 hat die Landesregierung die Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg deshalb mit insgesamt rund 70 zusätzlichen Stellen in der Lebensmittelkontrolle und 30 zusätzlichen Amtstierärztinnen und -ärzten bei den Kreisen, mit vier Stellen in der Futtermittelkontrolle bei den Regierungspräsidien und mit zwei Stellen bei der für Öko-Kontrolle zuständigen Behörde am Regierungspräsidium Karlsruhe gestärkt.

Damit arbeiten bei den Kreisen im Südwesten nun insgesamt 332 Lebensmittelkontrolleure, die ihren wichtigen Beitrag zum Verbraucherschutz im Südwesten leisten – vom Acker bis ins Regal.

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