Umwelt

Untersteller und Bonde verschaffen sich vor Ort ein Bild vom Ökosystem Jagst

Tote Fische liegen am 23.08.2015 in der Jagst bei Kirchberg an der Jagst.

In der Jagst findet nach einem Mühlenbrand in Kirchberg im Landkreis Schwäbisch Hall ein massives Fischsterben statt. Umweltminister Franz Untersteller und Naturschutzminister Alexander Bonde machten sich in Krautheim im Hohenlohekreis ein Bild von der Lage vor Ort und sprachen mit den vielen amtlichen und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.

„Wir haben es hier an der Jagst mit einem dramatischen Umweltschaden zu tun. Was die Behörden und Freiwilligen vor Ort leisten, ist beeindruckend. Wir möchten allen Helferinnen und Helfern für ihren großen Einsatz zur Schadensbegrenzung danken“, sagten die Minister Untersteller und Bonde.

„Es ist furchtbar, wie das verunreinigte Löschwasser das Leben in der Jagst vernichtet“, zeigte sich Umweltminister Franz Untersteller betroffen. „Für die Zukunft müssen wir alles daran setzen, dass sich eine solche ökologische Katastrophe nicht wiederholen kann. Wir haben daher vor, in einer landesweiten Aktion Düngerlager in Gewässernähe zu überprüfen. Ein besonderes Augenmerk wollen wir dabei auf die Löschwasserrückhaltung werfen. Außerdem müssen wir uns Gedanken darüber machen, ob die bestehenden Regelwerke und Vorschriften tatsächlich ausreichen oder ob sie zum Schutz unserer Umwelt überarbeitet werden müssen.“

„Die Jagst ist eines der wertvollsten Ökosysteme in unserem Land. Im Bereich des Jagsttals sind mehrere Naturschutzgebiete ausgewiesen und entlang der Jagst reihen sich mehrere Schutzgebiete, die auch die Jagst selbst umfassen. Der Unfall an der Jagst trifft unsere Ökosysteme daher sehr hart. Von den Schäden sind alle Fischarten betroffen, genauso wie Muscheln und Krebse“, äußerte sich Naturschutzminister Alexander Bonde besorgt. Hinzu komme, dass die Nahrungsgrundlage der Fische – die kleineren Wasserorganismen wie Insektenlarven, Schnecken oder Kleinkrebse – in erheblichem Umfang betroffen sind. Auch der seltene Eisvogel könnte mittelbar betroffen sein, da er sich hauptsächlich von kleinen Fischen ernähre.

Untersteller und Bonde wiesen darauf hin, dass die Behörden und viele Freiwillige vor Ort bereits umfangreiche Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und zur Rettung der betroffenen Tierbestände durchführen. Beispielsweise wurden möglichst viele noch lebende Fische gefangen und in andere Gewässer umgesetzt. Außerdem werden Sauerstoff und Frischwasser aus Speicherbecken in die Jagst eingebracht. Auch werden Nebengewässer abgeriegelt, um Rückzugsgebiete für Fische zu sichern.

„Es wird im Moment alles dafür getan, die für das Fischsterben ursächlichen hohen Ammoniakkonzentrationen in der Jagst zu verringern“, betonte Franz Untersteller. Auch für den Mündungsbereich der Jagst in den Neckar habe sein Haus in Zusammenarbeit mit der Bundeswasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) bereits Maßnahmen konzipiert, um die Schadstofffahne dort weiter zu verdünnen und so die Konzentration des Giftstoffes möglichst unterhalb des kritischen Wertes zu bringen. Hierzu werden bereits die flussaufwärts liegenden Staustufen höher eingestaut, um ein zusätzliches Volumen von 600.000 m³ Wasser zu erzeugen. Dieses Volumen wird abgelassen, wenn die Schadstoffwelle den Neckar erreicht. Nach aktuellen Prognosen wird dies frühestens Mitte nächster Woche der Fall sein.

Wenn die Krise überstanden ist, müsse die Artenvielfalt der Jagst so gut und so rasch wie möglich wieder hergestellt werden, betonte Naturschutzminister Bonde. „Die bereits eingeleitete Bestandsaufnahme hilft uns, die im Moment noch nicht absehbaren ökologischen Schäden zu erfassen. Eine präzise Bestandsaufnahme und ein spezielles Monitoring sind wichtig, um die Situation umfassend zu analysieren und die richtige Strategie für die weiteren Maßnahmen zur Wiederherstellung der Artenvielfalt ergreifen zu können“, sagte Alexander Bonde. Deshalb werde das Land zeitnah ein wissenschaftliches Monitoring starten, um die weitere ökologische Entwicklung der Jagst aktiv zu unterstützen, so Bonde weiter.

Ein wichtiger Aspekt für die Wiederansiedlung von Lebewesen sei es, die vielen Wanderungshindernisse in der Jagst möglichst zu beseitigen, betonte Umweltminister Untersteller weiter. „Die Eigentümer solcher Bauwerke können sich darauf verlassen, dass das Land sie bei Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit unterstützen wird.“

Regierungspräsident Johannes Schmalzl, der die beiden Minister beim Termin vor Ort begleitete, sprach seinen Dank an die Verantwortlichen in den zuständigen Landratsämtern sowie den Naturschutzverbänden und Fischereivereinen und den zahlreichen freiwilligen Helfern aus. Sie hätten in Anbetracht des Ausmaßes des Unglücks überlegt reagiert und alle Möglichkeiten zur Eindämmung des Schadens ergriffen. „Wir werden gemeinsam mit den Landratsämtern alle Erkenntnisse aus diesem Schadensfall sammeln und aufbereiten, um für die Zukunft besser gewappnet zu sein“, so Schmalzl weiter.

Vordringliche Aufgabe für das Regierungspräsidium werde es nun sein, gemeinsam mit den vor Ort zuständigen Behörden, den Umweltverbänden und den Fischereivereinen den Lebensraum Jagst mit seiner einmaligen biologischen Vielfalt zielstrebig wieder herzustellen und weiter zu verbessern. „Wir werden gemeinsam daran arbeiten, die ökologische Qualität wiederherzustellen.“ Die Katastrophe habe auch aufgezeigt, wie wichtig ein großer Strukturreichtum am Gewässer ist. Und ein Hoffnungsschimmer laut Regierungspräsident Schmalzl: „Im Falle der Jagst konnten angrenzende aquatische Biotope effektiv vom Hauptfluss abgetrennt und geschützt werden. Es besteht aktuell berechtigte Hoffnung, dass viele der Tierarten hier überleben werden. Diese Lebensräume werden Keimzellen der Wiederbesiedlung sein.“

Übersicht über die nächsten Schritte von Seiten des Landes

  • Schadensanalyse: Das Regierungspräsidium Stuttgart hat im Auftrag der Ministerien die Bestandsaufnahme der aktuellen Situation hinsichtlich der ökologischen Schäden an Fischen, Krebsen, Muscheln und Kleinlebewesen erste Schritte eingeleitet.
  • Wissenschaftliches Monitoring: Zur weiteren Entwicklung des Flusses führt das Land ein spezielles wissenschaftliches Monitoring durch. Hierzu werden die Fischerei-forschungsstelle in Langenargen und die LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Karlsruhe mit den anderen betroffenen Behörden eng zusammenarbeiten. Das Monitoring soll auch aufzeigen, ob, wie und zu welchem Zeitpunkt die Wiederherstellung der Artenvielfalt des Flusses durch aktive Besatzmaßnahmen mit bestimmten Arten unterstützt werden kann.
  • Strategie zur Wiederherstellung der Artenvielfalt: Auf Basis von Schadensanalyse und Monitoring erstellt das Land eine Strategie zur Wiederherstellung der Artenvielfalt in der Jagst und unterstützt die Umsetzung durch die zuständigen Behörden vor Ort.
  • Maßnahmen um künftigen Schäden vorzubeugen: Düngerlager in vergleichbarer Lage in Gewässernähe sollen gezielt überprüft werden, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung wasserrechtlicher Vorschriften. Dabei wird auf die Löschwasserrückhaltung ein besonderes Augenmerk gerichtet. Außerdem wird das Land prüfen, ob bestehende Regelwerke und Vorschriften angepasst werden sollten.

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