Geschichte

Päpste, Ketzer und Dirnen

Konstanzer Imperia (Foto: Achim Mende)

600 Jahre Konstanzer Konzil: Die Stadt am Bodensee feiert das mittelalterliche Großereignis 2014 bis 2018 mit einer Landesausstellung und zahlreichen Kultur-Events.

König Sigismund hatte genug. Drei Päpste stritten sich seit seinem Amtsantritt um die Vorherrschaft in der katholischen Kirche, mit fatalen Folgen für das gesamte Machtgefüge im Reich: Kriege, Wirren, Intrigen, eine heillose Polarisierung der abendländischen Welt. Deshalb schlug Sigismund, unterstützt von Papst Johannes XXIII., ein Konzil vor. Allerdings nicht, wie der es wollte, in seiner Heimatstadt Bologna, sondern auf neutralem Grund, in der Mitte des Reiches in einer blühenden Handelsstadt, die in der Lage sein würde, tausende von Teilnehmern zu versorgen: Konstanz am Bodensee.

Der größte Kongress des Mittelalters

Am 5. November 1414 kamen die Kardinäle samt ihrem Tross in die Stadt und blieben geschlagene vier Jahre. Es sollte bis zum Juli 1417 dauern, ehe mit Martin V. dann ein neuer Papst gewählt wurde. Derweil war ein anderer zurückgetreten, zwei weitere abgesetzt worden und Initiator Johannes XXIII. in einer Nacht- und Nebelaktion aus der Stadt geflohen. Als Papst blieb ihm die Anerkennung stets verwehrt, weshalb beim Zweiten Vatikanischen Konzil 550 Jahre später ein ­anderer und diesmal rechtmäßiger Papst den Namen Johannes XXIII.,  tragen sollte. Die Papstwahl Martins beim Konstanzer Konzil war die einzig rechtmäßige, die jemals nördlich der Alpen stattfand, das Konzil der damals größte Kongress des Mittelalters. Tausende von Gästen weilten in der Handels- und Hafenstadt am ­Bodensee, unter ihnen viele Kirchenmänner, Professoren, Politiker und Adlige ­sowie ein Heer von nicht weniger als 700 „Hübschlerinnen”, wie Dirnen schönfärberisch bezeichnet ­wurden. Der Künstler Peter Lenk setzte ihnen 1993 ein vollbusiges Denkmal direkt am Hafen. Anfangs hoch umstritten, mit einem nackten König und Papst in der Hand, ist die Imperia heute eines der Wahrzeichen der Stadt.

In einem anderen Wahrzeichen, dem Konzilgebäude, wird von April bis September 2014 die große Landesausstellung „600 Jahre Konstanzer Konzil 1414 – 1418” gezeigt. Dort war der neue Papst in einem dreitägigen Konklave gewählt worden, während ansonsten das Konzil in den Kirchen der Altstadt stattfand. Allen voran das große Münster, wo der neue Papst inthronisiert und der „Ketzer” Jan Hus zum Feuertod verurteilt wurde. Der böhmische Theologe und Reformer hatte massiv den Zustand der Kirche kritisiert und die Menschen mobilisiert. Obwohl man ihm freies Geleit zugesichert hatte, landete er im Konstanzer Kerker und wurde in der Stadt schließlich hingerichtet. Eine neue Dauerausstellung im Konstanzer Hus-Museum beleuchtet diesen traurigen Teil der Stadtgeschichte.

Den Gegenpapast aus der Stadt geleiten

Zahlreiche Themenführungen werden sich 2014 und in den Folgejahren mit dem Konzil beschäftigen. Es gibt spezielle Routen und sogar einen Fluchtradweg, auf dem man den Gegenpapst Johannes XXIII. aus der Stadt ­hinausbegleiten kann. Ein grenzüberschreitendes Sigismund-Mahl bezieht auch die Bürger der Schweizer Nachbarstadt Kreuzlingen mit ein und im Historischen Museum der Stadt wird die handschriftliche Chronik des Konzils zu sehen sein, die mit ihren vielen detailreichen Zeichnungen streckenweise wie ein Comic wirkt.

Durchaus komisch ist auch ein anderes Kunstwerk, das zumeist etwas im Schatten der Imperia steht, aber ebenfalls spielerisch mit dem Konzil-Thema umgeht: Der von Gernot Rumpf in den achtziger Jahren umgestaltete Kaiserbrunnen ist von dreiköpfigen Pfauen bekrönt, die auffällig hohe Papst-Mützen tragen und pausenlos Wasser speien. Gift und Galle wären es wohl in den Zeiten des Konzils gewesen.

Vier Jahre im Zeichen des Konzils

2014 jährt sich der Beginn des Konstanzer Konzils zum 600. Mal. Unter dem Motto „Europa zu Gast” feiert die Bodensee-Stadt von 2014 bis 2018 dieses Jubiläum als Ereignis mit internationaler Ausstrahlung.

Schwerpunkte werden sein: Jahr der europäischen Begegnung 2014, Jahr der Gerechtigkeit 2015, Lebendiges Mittelalter 2016, Jahr der Religionen 2017 und Jahr der Kultur 2018. Die Landesausstellung im Konzilgebäude dauert vom 27. April bis 9. September 2014. A

Webseite zur Landesausstellung

Quelle:

Der Beitrag erschien im Original in „Baden-Württemberg erleben 2014” der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg.

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