Der Reaktorunfall in Fukushima 2011 hat zu einer veränderten Risikobeurteilung atomarer Anlagen und zum vorgezogenen Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Kernenergie geführt. Damit verbunden war und ist auch eine Neuausrichtung der Atomaufsicht. Baden-Württemberg hat in den letzten Jahren mit einer Reihe von Maßnahmen die Aufsicht neu strukturiert und neue Schwerpunkte gesetzt. Wichtige Themen dabei sind Transparenz und Bürgerbeteiligung.
Umweltminister Franz Untersteller hat dem Kabinett detailliert den eingeleiteten Prozess erläutert. „Nach Fukushima konnten weder die politische Bewertung noch die Nutzung der Atomkraft so bleiben wie bisher. Und das bedeutete zwangsläufig auch, dass wir die Strukturen der Atomaufsicht und deren Aufgaben kritisch hinterfragen mussten. Das haben wir getan und die Atomaufsicht in den letzten Jahren in wesentlichen Bereichen modernisiert“, erklärte Untersteller.
Mehr Beteiligung der Öffentlichkeit und Transparenz
Insbesondere habe sich die Atomverwaltung bei den Themen Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit neu ausgerichtet, betonte der Umweltminister: „Auf unsere Initiative hin wurden an den Standorten Neckarwestheim und Philippsburg Informationskommissionen eingerichtet, damit vor Ort transparent und bürgernah über wichtige Themen rund um die Kraftwerke berichtet und diskutiert werden kann. Im Verfahren zur Errichtung eines neuen Laborgebäudes am Institut für Transurane (ITU) in Karlsruhe haben wir ebenso wie bei der zweiten Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim weit über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus Diskussionsplattformen geschaffen, damit die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ihre berechtigten Fragen artikulieren und wichtige Informationen erhalten konnten.“
Zudem unterrichte die Atomaufsicht im Internet fortlaufend über ihre Tätigkeit. „So können sich alle Interessierten beispielsweise jederzeit darüber informieren, dass unser Fukushima-Aktionsplan mit konkret benannten, die Sicherheit weiter verbessernden Maßnahmen, inzwischen schon in wesentlichen Teilen umgesetzt ist“, so Untersteller. Hierzu gehörten zum Beispiel zusätzliche mobile Dieselaggregate oder weitere Möglichkeiten, um die Brennelemente im Lagerbecken zu kühlen.
Intensivere Sicherheitsüberprüfungen
Zudem habe die Atomaufsicht nach Fukushima die Sicherheit der Kernkraftwerke im Land noch intensiver überprüft als dies vorher der Fall gewesen sei, sagte der Umweltminister weiter. Als bundesweit einzige Atomaufsichtsbehörde habe sie zum Beispiel nach Veröffentlichung des neuen kerntechnischen Regelwerks im Jahr 2012 eine ergänzende sicherheitstechnische Überprüfung der noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke im Land veranlasst, obwohl dies nach den neuen Regeln nicht vorgesehen sei. „Mit dem Ziel, die Kompetenz und die Motivation der Beschäftigten in den Anlagen für die noch verbleibende Laufzeit der Kernkraftwerke aufrechtzuerhalten und auch das heute vorhandene Wissen für den anspruchsvollen Rückbau verfügbar zu halten, haben wir zudem ein Aufsichtsprogramm gestartet, das die personellen und organisatorischen Änderungen infolge des beschlossenen Atomausstiegs zum Gegenstand hat“, sagte Franz Untersteller.
Außerdem lege die Atomaufsicht zur Steigerung der Qualität großen Wert darauf, verschiedene Gutachterorganisationen als Sachverständige zu nutzen. Neben den TÜV-Organisationen ziehe sie, anders als in der Vergangenheit, andere Sachverständige nicht mehr nur in Einzelfällen, sondern systematisch hinzu. Zur Qualitätssteigerung gehöre auch, dass die Atomaufsicht sich als eine lernende Organisation versteht und ihre internen Abläufe systematisch und kontinuierlich auf mögliche strukturelle Schwächen kritisch hinterfragt.
„Die in Baden-Württemberg ergriffenen Maßnahmen haben zu einem bundesweit herausragenden Niveau der Atomaufsicht geführt“, so Franz Untersteller. „Für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ist es unerlässlich, dieses Niveau auch in Zukunft aufrecht zu erhalten.“
Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft: Atomaufsicht Baden-Württemberg