Tierschutz

Förderung von Projekten zur Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch

Eine Maus

Eine Bewertungskommission aus Vertreterinnen und Vertretern von Tierschutz und Wissenschaft hat vier Projekte ausgewählt, die sich mit der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen befassen. Das Förderprogramm ist mit insgesamt 400.000 Euro dotiert.

Die grün-rote Landesregierung ist mit dem klaren Ziel angetreten, die Zahl der Tierversuche und die Belastung von Versuchstieren im Land weiter zu verringern. „Zeitgemäßer Tierschutz braucht Alternativen zu Tierversuchen – deshalb fördern wir gezielt ihre Erforschung. Unser mit 400.000 Euro dotiertes Förderprogramm für die Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch ist ein wesentlicher Baustein für mehr Tierschutz. In den letzten Jahren konnten wir in Baden-Württemberg bereits einen Rückgang der Tierversuchszahlen verzeichnen. Um diese positive Entwicklung fortzusetzen, fördern wir in diesem Jahr erneut herausragende Forschungsansätze in diesem Bereich“, sagte Verbraucherminister Alexander Bonde.

„In manchen Forschungsfeldern wie zum Beispiel bei der Forschung und Entwicklung chronischer Erkrankungen des Menschen gibt es noch keine ausreichenden Alternativen zum Tierversuch. Hier ist gerade Baden-Württemberg als forschungsstarker Standort gefragt, weshalb wir gezielt die Entwicklung und Anwendung alternativer Methoden in Forschung und Ausbildung fördern. So schaffen wir die notwendigen Voraussetzungen, um in Zukunft in möglichst vielen Bereichen auf Tierversuche verzichten zu können“, so Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

Bonde und Bauer dankten allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich beworben haben, ausdrücklich für ihr Engagement zum Wohl der Versuchstiere. Auch die Bewertungskommission, die die eingegangenen Anträge geprüft hat, habe ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Geförderte Projekte

Im Rahmen der diesjährigen Ausschreibung wurden sieben Förderanträge gestellt. Eine mit Vertreterinnen und Vertretern von Tierschutz und Wissenschaft besetzte Bewertungskommission hat daraus vier Projekte ausgewählt, die eine Förderung erhalten:

1. Organotypische Rückenmarks-Kulturen zur Testung von Botulinum Toxin B
Dr. med. Veit-Simon Eckle, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Tübingen

Bislang gibt es keine zugelassene in vitro Alternative für die Wirksamkeits-Testung von Botulinum Toxin B. Mit Rückenmarks-Kulturen als Instrument zur Wirksamkeits-Testung von Botulinum Toxin B können Tierversuche mit erheblichen Belastungen vermieden werden. Bei dem bislang üblichen LD50 Test sind die Mäuse während des Beobachtungszeitraums von 3 bis 4 Tagen motorisch stark eingeschränkt, entwickeln Sehstörungen und können durch Lähmung der Atemmuskulatur qualvoll ersticken. Derzeit muss noch jede produzierte Charge des Toxins an Mäusen getestet werden.

Das Projekt bietet eine konkrete Perspektive zur Ablösung dieses belastenden Tierversuchs. Dies ist v.a. auch deswegen wünschenswert, weil Botulinum-Toxin leider weltweit nach wie vor in großem Umfang zu kosmetischen Zwecken eingesetzt wird.

2. Entwicklung eines in vitro Kultursystems für das nicht-kultivierbare haemo-trophe Bakterium Mycoplasma suis basierend auf einem Leberzell-System
Prof. Dr. Ludwig E. Hölzle, Umwelt- und Tierhygiene, Universität Hohenheim

Ziel dieses Folgevorhabens eines bereits in diesem Programm geförderten Projekts ist die Etablierung eines in-vitro Kultivierungssystems für Mycoplasma suis mit infiziertem Lebergewebe als Ausgangsmaterial sowie die in vitro-Züchtung von M. suis in einem Kultursystem mit Leberzellen vom Schwein. Mycoplasma suis ist ein bedeutender bakterieller Krankheitserreger beim Schwein. Für diagnostische und wissenschaftliche Zwecke müssen die Keime kultiviert werden können. Da die Keime bislang nicht außerhalb eines tierischen Organismus kultiviert werden können, besteht bei erfolgreicher Entwicklung eines praxisreifen Kultursystems eine konkrete Chance, an Mycoplasmen zu forschen, ohne dazu Schweine infizieren zu müssen.

3. CheMon3D (Brustkrebs, Chemotherapie, Mikrosensoren, Ersatz von Tierversuchen, personalisierte Medizin)
Prof. Dr. Gerald Urban, Lehrstuhl für Sensoren / Institut für Mikrosystemtechnik, Universität Freiburg

Die Arbeitsgruppe greift aktuelle Entwicklungen in der individualisierten Therapie mit dem Schwerpunkt Tumorpatienten (Brustkrebs) auf. Ziel ist die Etablierung einer Messmethode zur kontinuierlichen Erfassung von metabolischen Parametern (Glucose, Lactat, Sauerstoff, pH-Wert) in dreidimensionalen, vom Patienten gewonnen Primärzellkulturen mittels Mikrosensor-Systemen. Die Methode dient dem Monitoring während einer Chemotherapie, die Ergebnisse werden in Bezug auf die langfristige Vermeidung von Tierversuchen evaluiert. Neben der Vermeidung von Tierbelastung  und Tierverbrauch haben solche Kultursysteme gegenüber einer Tumorkultivierung in Mäusen den großen Vorteil, dass Messungen im Verlauf der Kultivierung problemlos möglich sind.

4. Biotransformationskapazität von Embryonen des Zebrabärblings – eine wichtige Grundlage für die Anwendung des Fischembryotests
Prof. Dr. Thomas Braunbeck, Center for Organismal Studies, Universität Heidelberg

Im beantragten Forschungsvorhaben soll systematisch die Entwicklung der Biotransformationskapazität im Laufe der Embryonalentwicklung des Zebrabärblings untersucht werden. Es geht hierbei in erster Linie um Fragen zur Eignung der Fischembryonen zur Prüfung von Umweltschadstoffen als Ersatz für die Testung an Fischen. Die Arbeitsgruppe ist in diesem Forschungsbereich international führend. Informationen zu der Frage, ob der Stoffwechsel der Fischembryonen mit dem älterer Fische vergleichbar ist, sind bislang nur fragmentarisch aus Einzelstudien bekannt. Da toxische Stoffe in vielen Fällen erst im Organismus durch „Bioaktivierung“ ihre Giftigkeit entwickeln, ist dies eine wichtige Anforderung bezüglich der breiten Eignung der bereits entwickelten Tests.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Braunbeck hat für ihre bisherigen, langjährigen Arbeiten in diesem Bereich den Forschungspreis „Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch des Landes Baden-Württemberg 2015“ erhalten. Link:

Tierschutzforschungspreis 2015: Professor Thomas Braunbeck

Weitere Meldungen

Eine Frau mit einer VR-Brille sitzt in einem großen Gemeinschaftsbüro.
  • Hochschulen

Start-up-Szene weiter stärken

Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (rechts) unterhält sich während eines Besuchs der Universität Stuttgart mit Stella Asmanidou (links), Doktorandin im 3R-US-Netzwerk.
  • Tierschutz und Forschung

Weniger Tierversuche in der Biomedizin

Die Kabinettsmitglieder sitzen am Kabinettstisch der Villa Reitzenstein.
  • Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 12. März 2024

Das Steinheimer Becken am Albuch (Kries Heidenheim). (Bild: Stefan Puchner / dpa)
  • Naturschutz

Landesnaturschutzpreis 2024 ausgeschrieben

Eine Doktorandin aus Venezuela arbeitet im Labor. (Bild: © dpa)
  • Forschung

Forschung und Innovation am Oberrhein

Wildblumen, wie die Glockenblume, bieten Pollen für Wildbienen.
  • Naturschutz

Wildbienen-Glück im ganzen Land

Ein Ingenieur kontrolliert in einem Labor mit einem Mikroskop einen Chip zum Einsatz in einen Quantencomputer.
  • Forschung

Spitze bei europäischer Forschungsförderung

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
  • Wirtschaft

Wirtschaftspolitische Kurs­korrektur in der EU gefordert

  • Ernährung

Regionale Produkte in landeseigenen Kantinen

Auftaktveranstaltung PAN HAW BW
  • Forschung und Hochschulen

Programm für Angewandte Nachhaltigkeitsforschung

Ein Facharbeiter steht im Bosch Werk in Reutlingen vor einer Charge von Radarsensoren für die Automobilindustrie (Bild: © dpa).
  • Wirtschaft

Baden-Württemberg spitze bei Patentanmeldungen

Die Kabinettsmitglieder sitzen am Kabinettstisch der Villa Reitzenstein.
  • Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 5. März 2024

Ein Fahrradfahrer fährt in der Nähe von Tübingen in Baden-Württemberg auf einem Feldweg. (Bild: dpa)
  • Ländlicher Raum

Land fördert multifunktionalen Weg in Wagenschwend

Eine Besucherin der Ausstellung mit dem Titel: „Kunst & Textil“ sieht sich am 20. März 2014 in der Staatsgalerie in Stuttgart die Skulptur „Foud Farie“ aus dem Jahr 2011 von Yinka Shonibare an.
  • Kunst und Kultur

Land benennt Hans-Thoma-Preis um

Im Wasser einer renaturierten Moorfläche spiegelt sich die Sonne. (Foto: © dpa)
  • Naturschutz

Erwerb natur- und klimaschutzwichtiger Flächen

Über eine Landstraße krabbelt eine Kröte. (Foto: dpa)
  • Artenschutz

Amphibien gehen wieder auf Wanderschaft

Eine Frau greift nach einem Apfel aus dem Obst- und Gemüseregal eines Reformhauses. (Foto: © dpa)
  • Ernährung

Landesweite Ernährungstage 2024

Seillagenweinbau
  • Weinbau

Weinbranche zukunftsfähig weiterentwickeln

Auswärtige Kabinettssitzung in der Landesvertretung in Brüssel
  • Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 20. Februar 2024

Das beschauliche Dorf Hiltensweiler, ein Teilort von Tettnang, wird von der Abendsonne angestrahlt. Im Hintergrund sind der Bodensee und die Alpen zu sehen.
  • Ländlicher Raum

Positionspapier zur Weiterent­wicklung des EFRE überreicht

Ein Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts Stuttgart hält eine Platte mit Gewebekulturen in seinen Händen. (Bild: Michele Danze / dpa)
  • Tierschutz

Land fördert Forschung zur Vermeidung von Tierversuchen

Logo des Dr.-Rudolf-Eberle-Preises: Der Stauferlöwe in einem gelben Kreis steht vor dem Schriftzug „INNOVATION BW – Innovationspreis Baden-Württemberg – Dr.-Rudolf-Eberle-Preis“ auf weißem Hintergrund
  • Innovation

Innovationspreis 2024 ausgeschrieben

Ein Regenwurm liegt auf der Erde.
  • Biodiversität

Regenwürmer verbessern Böden nachhaltig

Ein Admiral (Vanessa atalanta) sitzt bei Bergatreute auf einer Rainfarn-Phazelie (Phacelia tanacetifolia).
  • Naturschutz

2,5 Millionen Euro für Naturschutzprojekte

Ein Ingenieur kontrolliert in einem Labor mit einem Mikroskop einen Chip zum Einsatz in einen Quantencomputer.
  • Forschung

Mikroorganismen als Helfer im Klimaschutz

// //