Menschen mit Behinderung

Europäischer Protesttag der Menschen mit Behinderungen

Eine Rollstuhlfahrerin fährt über eine spezielle Rampe in einen Stadtbus (Bild: © dpa).

Unter dem Motto „Wir gestalten unsere Stadt“ findet dieses Jahr der Europäische Protesttag der Menschen mit Behinderungen statt. In manchen Bereichen sei es heute wichtiger denn je, dass auf die Situation von Menschen mit Behinderungen aufmerksam gemacht werde, so die Landes-Behindertenbeauftragte, Stephanie Aeffner. Dazu gehöre auch das Recht auf freie Wahl des Wohnortes und der Wohnform und auf eine barrierefreie Gesellschaft.

„Wir gestalten unsere Stadt“, so lautet das Motto des diesjährigen Europäischen Protesttages der Menschen mit Behinderungen. Zum 25. Mal findet dieser von der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung ins Leben gerufene Protesttag wie jedes Jahr am 5. Mai statt. Doch braucht es diesen Protest nach 25 Jahren immer noch? „In manchen Bereichen ist es heute – traurigerweise – wichtiger denn je, dass auf die Situation von Menschen mit Behinderungen aufmerksam gemacht wird“, bestätigte die Landes-Behindertenbeauftragte, Stephanie Aeffner, die vielfältigen deutschlandweiten Aktionen der Interessenvertretungen und Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen rund um den 5. Mai 2017 mit Blick auf die Sitzung der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg am kommenden Montag (8. Mai 2017).

„Seit nunmehr über sieben Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention geltendes Recht in Deutschland und es ist immer noch nicht gesellschaftlicher Konsens, dass Menschenrechte unveräußerlich und unteilbar sind und Staat und Gesellschaft zu inklusivem Handeln verpflichtet sind. Dazu gehört auch das Recht auf freie Wahl des Wohnortes und der Wohnform und auf eine barrierefreie Gesellschaft. Die Landesbauordnung ist daher der zentrale Anknüpfungspunkt zur praktischen Umsetzung baulicher Barrierefreiheit bei Neu- und Umbaumaßnahmen im Land und damit ein wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der diesbezüglichen menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention“, stellte die Landes-Behindertenbeauftragte fest.

Recht auf freie Wahl von Wohnort und Wohnform

Es sei in vielen Bereichen leider Alltag, dass Menschen mit Behinderungen Fortschritte, die sie sich mühsam erkämpft hätten, mit viel Kraft verteidigen müssten, damit die Uhren in Sachen Inklusion nicht zurückgedreht würden. Das gelte gerade auch für das diesjährige Motto des Protesttages. Denn um Teil einer gemeinsamen Stadt zu sein, müssten Menschen mit Behinderungen auch in der Stadt leben können. „Und dafür braucht es barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum, der in den Städten des Landes leider kaum verfügbar ist. Bei dieser Analyse sind sich alle Experten einig, nur wird zu wenig getan, um dieses Problem zu lösen", so Aeffner weiter.

Das Problem des Mangels an bezahlbarem Wohnraum habe die Landesregierung mit der Gründung der Wohnraum-Allianz aufgegriffen. Alle Akteure des Wohnungsmarktes sollten gemeinsam überlegen, wie schnell ausreichend und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden könne. „Mit Entsetzen habe ich verfolgt, dass es eine der ersten Forderungen der Wohnraum-Allianz war, die Regelungen in der Landesbauordnung zur Barrierefreiheit im Wohnungsbau abzuschwächen. Und das, obwohl diese erst in der letzten Legislaturperiode verbessert wurden. Seitdem kämpfe ich immer wieder gegen die gleichen – falschen – Behauptungen an, dass durch die Vorschriften zur Barrierefreiheit der Bau von Wohnungen verteuert würde und dadurch weniger Wohnungen gebaut würden“, beklagte Aeffner.

Bedarf an barrierefreiem Wohnraum wird steigen

Eine aktuelle Studie des Deutschen Städtetages komme zum gegenteiligen Ergebnis. Durch kluge Planungen ließen sich Mehrkosten (fast) ganz vermeiden, die Studie beziffere diese mit lediglich 0,35 Prozent. „Für mich entbehrt damit die Überlegung, dass Bauen durch weniger Barrierefreiheit günstiger wird und dadurch mehr Wohnraum geschaffen werden kann, jeglicher Grundlage", erklärt Aeffner. Im Gegenteil, es gebe viele Gründe, dass zwingend mehr barrierefreier Wohnraum geschaffen werden müsse. Schon jetzt sei ein akuter Mangel offensichtlich. Im Zuge der demografischen Entwicklung werde sich der Mangel sehr schnell noch weiter verschärfen.

„Aus meiner Beratungspraxis kenne ich viele Fälle, bei denen Menschen in recht jungen Jahren eine Behinderung erwerben, beispielsweise durch einen Unfall oder einen Schlaganfall, und dann in einem Altenheim leben müssen, weil sie eben keine barrierefreien Wohnungen finden. Das ist nicht nur für die Betroffenen tragisch, sondern wird am Ende auch für die Kommunen wesentlich teurer, als wenn sie rechtzeitig in barrierefreie Wohnungen investieren würden“, stellte die Landes-Behindertenbeauftragte fest. „Denn oft müssen Kommunen dann einen Großteil der Kosten tragen, weil Renten und Pflegeversicherung der Betroffenen nicht die Gesamtkosten decken“, so Aeffner weiter.

Appell an Wohnraum-Allianz

Auch für viele Menschen mit Behinderungen, die heute noch in großen Einrichtungen außerhalb der Städte leben müssten, bräuchten wir inklusive barrierefreie Wohnangebote. Selbstbestimmt wohnen sei Grundlage für die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. „Im städtischen Raum braucht es dazu ausreichend barrierefreie und bezahlbare Wohnungen. Daher verbieten sich alle Rückschritte bei den Vorschriften zum barrierefreien Bauen“, bekräftige Aeffner.

„Ich appelliere deshalb im Vorfeld der dritten Sitzung der Wohnraum-Allianz am kommenden Montag, 8. Mai: Hände weg von den Vorschriften zum barrierefreien Bauen, denn barrierefreier Wohnraum ist markt- und demographiegerecht und auch unter Kostenaspekten die beste Investition in die Zukunft“, so Stephanie Aeffner.

Quelle:

Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Weitere Meldungen

Stadtgarten in Gerabronn
  • Städtebau

Stadtmitte in Gerabronn erfolgreich erneuert

Ein Mädchen mit Downsyndrom lebt mit ihrer Mutter in einem Mehrgenerationenhaus (Symbolbild, © dpa).
  • Menschen mit Behinderungen

Welt-Down-Syndrom-Tag 2024

Wort-Bild-Logo der Kampagne Start-up BW. (Bild: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg)
  • Start-up BW

„Semanux“ im Landesfinale des Start-up-Wettbewerbs

Ein Mann im Rollstuhl arbeitet an der Rezeption eines Campingplatzes. (Foto: © dpa)
  • Inklusion

Steigende Nachfrage nach Leis­tungen der Eingliederungshilfe

Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung, Jennifer Langer, Beauftragte der Stadt Stuttgart für die Belange von Menschen mit Behinderung, Dr. Alexandra Sußmann, Bürgermeisterin für Soziales und gesellschaftliche Integration und Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung tauschten sich mit Beteiligten des Vorzeigemodells „inklusive Arbeitsplätze bei der Stadt Stuttgart“ aus. Gruppenbild
  • Menschen mit Behinderungen

Fischer besucht Stuttgarter Rathaus und Landesmuseum Württemberg

Simone Fischer steht lächelnd in einem großen Raum. Um sie herum sitzen die Teilnehmenden an Tischen und halten Plakate mit Forderungen hoch.
  • Menschen mit Behinderungen

Diskussionsforum des Taubblindenvereins Baden-Württemberg e. V.

Simone Fischer im Gruppenbild mit sonderpädagogischen Kräften, pädagogischen Assistenzen und Lehrkräften in einem Klassenraum der Bachschloss-Schule in Bühl.
  • Inklusion

Bachschloss-Schule in Bühl als Beispiel für gelingende Inklusion 

Das Foto zeigt das Team des Zentrums für Kulturelle Teilhabe Baden-Württemberg
  • Kultur

Bundesweit erstes Diversity Audit im Kulturbetrieb wird entwickelt

Simone Fischer, die Vorstände der Regionalverbände Baden-Württemberg und Angehörige von Menschen mit Autismus.
  • Menschen mit Behinderungen

Fischer trifft Landesverband Autismus Baden-Württemberg

Eine Rollstuhlfahrerin fährt in einer Wohnanlage zu ihrer Wohnung.
  • Inklusion

18 Millionen Euro für den Bau von Behinderten­einrichtungen

Publikum in Kinosaal verfolgt Podiumsdiskussion von Teilnehmenden der Veranstaltung „Rette sich, wer kann?!“, darunter Landes-Beauftragte Simone Fischer und Innenminister Thomas Strobl.
  • Menschen mit Behinderungen

Schutz für alle Menschen bei Katastrophen und in Krisen

Ein Arzt hält in einem Behandlungszimmer in seiner Praxis ein Stethoskop in der Hand, mit der anderen Hand bedient er eine Computertastatur..
  • Gesundheit/Inklusion

Neue Kooperation „Gesundheit barrierefrei und inklusiv gestalten!“

Collage: Logo Landes-Behindertenbeauftragte neben Bildern von Menschen mit Behinderungen.
  • Menschen mit Behinderungen

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen

Logo LZ-BARR Landeszentrum Barrierefreiheit
  • Tag der Menschen mit Behinderungen

Beratungsmöglichkeit zur digitalen Barrierefreiheit

Verleihung des Verkehrspräventionspreises
  • Verkehrssicherheit

Verleihung des Verkehrspräventionspreises

Landesbehindertenbeauftragte Simone Fischer und Mikrofon
  • Podcast

„Einfach Inklusion“ Folge 13: Inklusion in Kitas

Eine Rollstuhlfahrerin fährt in einer Wohnanlage zu ihrer Wohnung. (Foto: © dpa)
  • Menschen mit Behinderungen

Beteiligungsprozess zur UN-Behindertenrechtskonvention

Teilnehmerinnen des Fachtages sitzen zur Diskussionsrunde auf dem Podium
  • Gesellschaft

Fachtag „Geschlecht und Hass im digitalen Raum“

Gruppenfoto: Jochen Ziegler (LIGA der Freien Wohlfahrtspflege), Jochen Haußmann MdL, Takis Mehmet Ali MdB, Landes-Beauftragte Simone Fischer, Julia Huber (Büro Thomas Poreski MdL), Joachim Wilms und Matthias Fenger (LIGA der Freien Wohlfahrtspflege), Joachim Walter (Präsident Landkreistag Baden-Württemberg)
  • Menschen mit Behinderungen

Fachtag „Eingliederungshilfe 2023“

Gruppenfoto: Andreas Hirsch (Mitarbeiter Forum Frühkindliche Bildung BW), Landes-Beauftragte Simone Fischer, Christiane Staab MDL (CDU), Dorothea Wehinger MdL (Grüne), Annette Ehmann (Moderation), Prof. Jo Jerg, Gerald Häcker (Leiter Landesjugendamt, KVJS), Christine Jerabek (1. Vorsitzende LAG Kindertagespflege)
  • Menschen mit Behinderungen

Fachtag „Inklusion in der Kindertagespflege“

Landes-Behindertenbeauftragte Simone Fischer im Gespräch mit einer Seminarteilnehmerin.
  • Menschen mit Behinderungen

Gedenkstättenarbeit und Inklusion

Simone Fischer ist mit weiteren Teilnehmerinnen auf einem Rundgang im Nationalpark am Ruhestein im Schwarzwald unterwegs.
  • Barrierefreiheit

Fischer besucht Nationalpark Schwarzwald

Gruppenfoto: Simone Fischer mit den Vertrauenspersonen vom Netzwerk Snobo.
  • Menschen mit Behinderungen

Fischer trifft sich mit Netzwerk Snobo

Gruppenfoto im Freien: Meftune Ippolito (stellv. Vorsitzende), Beate von Malottki (stellv. Vorsitzende), Landes-Behindertenbeauftragte Simone Fischer, Artur Budnik (Vorsitzender), städtische Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen Ulrike Wernert und Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup.
  • Menschen mit Behinderungen

Beirat für Menschen mit Behinderungen der Stadt Karlsruhe feiert Jubiläum

Minister Manne Lucha und die Landes-Beauftragte Simone Fischer sitzen nebeneinander vor den Mitgliedern des Landes-Beirats in einem Konferenzraum.
  • Menschen mit Behinderungen

Dritte Sitzung des Landes-Behindertenbeirats

// //