Kultusminister Andreas Stoch hat in einer Regierungserklärung seine Pläne für die regionale Schulentwicklung vorgestellt. Ein gutes Bildungsangebot überall im Land trotz massiv rückläufiger Schülerzahlen – das sei das Ziel der Landesregierung, so Stoch. Deshalb solle der Weg zu einem Zwei-Säulen-Schulsystem aus Gymnasium und einem integrativen Bildungsweg gegangen werden.
Stoch machte deutlich, dass die niedrige Geburtenrate im Land zu einem massiven Schülerrückgang führe. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Schüler an unseren Schulen bis zum Jahr 2025 um knapp ein Fünftel weiter zurückgehen wird.“ Das stelle die Schullandschaft vor allem im ländlichen Raum vor große Herausforderungen. Gerade angesichts des Bevölkerungsrückgangs „kommt es jetzt mehr denn je auf den Bildungserfolg jedes einzelnen jungen Menschen an.“ Dazu komme ein verändertes Schulwahlverhalten: Immer weniger Schülerinnen und Schüler gehen auf eine Hauptschule oder eine Werkrealschule.
Immer weniger Schülerinnen und Schüler
Die Folge dieser Entwicklungen: In vielen Haupt- und Werkrealschulen seien nicht mehr genügend Schüler vorhanden, um eine Eingangsklasse bilden zu können. Von vor wenigen Jahren noch über 1200 Haupt- und Werkrealschulen bestünden derzeit noch 862, rechnete Stoch vor. Im laufenden Schuljahr hätten sich auf 125 dieser Schulen keine Schülerinnen und Schüler mehr in der Klassenstufe 5 angemeldet, in weiteren 224 Schulen hätten die Anmeldezahlen unter der Mindestschülerzahl von 16 gelegen. Und dieser Trend setze sich fort.
Kultusminister Stoch kritisierte, dass es die Vorgängerregierungen versäumt hätten, auf diese Entwicklungen zu reagieren. Deshalb werde die Landesregierung nun entschlossen handeln. „Wir müssen jetzt die schulischen Strukturen den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen.“ Es reiche nicht mehr aus, mit den Antworten der Vergangenheit auf die Fragen nach der Gestaltung unserer Zukunft zu reagieren. „Ein einfaches "Weiter so", das heißt ein Beharren auf dem dreigliedrigen Schulsystem, wie dies von Seiten der CDU und FDP suggeriert wird, ist nicht geeignet, die bestehenden Probleme, gerade im ländlichen Raum, zu lösen“, machte der Kultusminister deutlich. Ohne eine regionale Schulentwicklung würde sich der Anteil kleiner und kleinster Schulen weiter erhöhen. Die meisten dieser Schulen wären bereits auf kurze Sicht nicht mehr überlebensfähig.
Stabilität und hohe pädagogische Qualität
Die Landesregierung werde deshalb die regionalen Schulstrukturen so weiterentwickeln, dass sie Stabilität, Verlässlichkeit und Qualität böten und alle Bildungsabschlüsse möglich seien, kündigte Stoch an. Um dies zu erreichen, setzt die Landesregierung auf ein Zwei-Säulen-Schulsystem: Eine dieser beiden Säulen werde weiter das Gymnasium sein. „Das Gymnasium ist ein Garant für den Erwerb eines hoch anerkannten Bildungsabschlusses, der für die jungen Menschen hervorragende Möglichkeiten für eine anschließende Berufsausbildung oder ein Studium ermöglicht.“ Die zweite Säule sei ein integrativer Bildungsweg, der sich aus den bisherigen Schularten entwickelt. „Dies erreichen wir dann, wenn alle diese Schulen die Gewähr dafür bieten, Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Begabung angemessen zu fördern“, sagte Stoch.
Die regionale Schulentwicklung solle für stabile Verhältnisse sorgen und eine hohe pädagogische Qualität garantieren, so der Kultusminister. „Dieses bedeutet, dass wir für die weiterführenden Schulen Mindestschülerzahlen anstreben, die langfristige Stabilität versprechen.“ Weiterführende Schulen sollten in den Eingangsklassen mindesten 40 Schülerinnen und Schüler haben – also stabil zweizügig sein. Grundschulen sind davon nicht betroffen: „Der Grundsatz «Kurze Beine, kurze Wege» gilt“, sagte Stoch.
Regionale Schulentwicklung gemeinsam gestalten
Der Kultusminister betonte, dass die regionale Schulentwicklung als Beteiligungsverfahren gestaltet werde. Im Dialog mit den betroffenen Akteuren sollte vor Ort „eine gemeinsame Vision und Konzeption für das künftige Schulangebot“ entwickelt werden.
Kultusminister Stoch lud alle Beteiligten und auch die Opposition ein, die regionale Schulentwicklung gemeinsam zu gestalten: „Dass die Schulstrukturen den demografischen Bedingungen angepasst werden müssen, dass Veränderungen notwendig sein werden, um allen jungen Menschen einen hochwertigen Bildungsabschluss in erreichbarer Nähe zu ermöglichen, dass die Stärken und Schwächen des einzelnen Schülers im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen müssen und dass diese Fragen im guten Miteinander aller Akteure und Betroffenen gelöst werden müssen, wurde von niemandem bestritten. Dies ist eine gute Basis, ein guter Konsens, um die anstehenden Aufgaben gemeinsam meistern zu können. Das wollen auch die Menschen in Baden-Württemberg, und sie werden uns allen danken, wenn wir hier gemeinsam vorankommen.“