Auf Einladung von Umweltminister Franz Untersteller hat der französische Regierungsbeauftragte für die Stilllegung des Kernkraftwerks Fessenheim, Jean-Michel Malerba, Baden-Württemberg besucht. Neben einem Gedankenaustausch mit Minister Untersteller in Stuttgart standen ein Rundgang und Gespräche im Kernkraftwerk Obrigheim auf dem Programm.
„Wir wollen, dass Fessenheim möglichst rasch abgeschaltet wird“, erklärte Franz Untersteller. „Ich sehe es daher als positives Signal, dass sich der französische Regierungsbeauftragte bei uns darüber informieren möchte, welche Erfahrungen wir in Baden-Württemberg mit dem Abschalten und dem Verfahren zum Rückbau von Kernkraftwerken gesammelt haben.“ Umgekehrt interessiere ihn seinerseits zu erfahren, wie und wann die französische Regierung die Abschaltung des ältesten Kernkraftwerks in Frankreich in unmittelbarer Nähe zur Landesgrenze im Detail plane.
Die Stilllegung und der Rückbau eines Kernkraftwerks gehen mit organisatorischen Änderungen innerhalb der Anlage einher, mit Sorgen der Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze oder mit Fragen der Anwohner zum Strahlenschutz und zum Umgang mit radioaktiven Abfällen. Auch spürbare Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft einer Region seien nicht auszuschließen, so Umweltminister Untersteller weiter. „Wir wollen dem französischen Regierungsbeauftragten zeigen, dass all diese Fragen lösbar und nach unserer Überzeugung kein Grund sind, das Abschalten von Fessenheim hinauszuzögern.“ Immerhin dauere der Rückbau eines Kernkraftwerks rund 20 Jahre und auch in dieser Zeit werden gut ausgebildete Fachkräfte in der Anlage benötigt.
Entgegen anderslautenden Meldungen im Zusammenhang mit dem für das Jahr 2015 geplanten Abschalten des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld werde das Kernkraftwerk in Fessenheim auch nicht zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Süddeutschland benötigt, betonte Franz Untersteller weiter. Die zuständige Bundesnetzagentur habe seinem Haus bestätigt, dass Grafenrheinfeld unabhängig vom Betrieb des Kernkraftwerks Fessenheim vom Netz genommen werden kann. „Die Landesregierung wird sich weiterhin für ein baldiges Abschalten von Fessenheim einsetzen“, sagte der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.
Weitere Informationen
Die französische Regierung unter Staatspräsident François Hollande hat angekündigt, das Kernkraftwerk Fessenheim bis Ende 2016 abschalten zu wollen. Dies soll auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Bisher liegt noch kein Gesetzesentwurf vor, die Vorlage des Gesetzes wurde mehrfach verschoben. Ein hoher Regierungsbeamter wurde mit der Klärung von Fragestellungen der Abschaltung und der Umstrukturierung des Standorts beauftragt. Seit Mitte Januar 2014 nimmt Jean-Michel Malerba diese Stelle ein.
Umweltminister Franz Untersteller hatte sich bereits unmittelbar nach seiner Amtsübernahme für die zügige Stilllegung des Kernkraftwerks Fessenheim eingesetzt. Da der EU-Stresstest keine ernst zu nehmende Prüfung anhand eines Sicherheitsmaßstabes vorgenommen hatte, hat das Umweltministerium Baden-Württemberg das Öko-Institut und das Physikerbüro Bremen beauftragt, den Sicherheitsstandard des Kernkraftwerks Fessenheim nach deutschem Maßstab zu bewerten. Die Gutachter haben hierbei grundlegende Sicherheitsdefizite ermittelt.